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Schlechte Luft und Verletzungen: Das denken viele Berliner über Böller an Silvester.

© picture alliance/dpa

Silvester in Berlin: Außenbezirke ärgern sich über Vorschlag zu Böllerverbot

Die Grünen-Politikerin Antje Kapek schlug ein Böllerverbot vor – aber nur innerhalb des Rings. Das ärgert in den Außenbezirken so manchen.

Bio-Böller? Gibt es nicht. Feuerwerk verursacht Feinstaub. Und führt immer wieder zu schwersten Verletzungen. Für manche ist es ein Ausdruck persönlicher Freiheit oder schlicht ein großer Spaß, knallen zu dürfen, aber viele in Berlin nervt die Silvesternacht. Tiere halten den Lärm alljährlich kaum aus. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, hat daher kürzlich ein Böllerverbot gefordert. Für ganz Berlin? Nein, nur für die Gebiete innerhalb des S-Bahn-Rings.

In den vermeintlichen Randbezirken stören sich viele an diesem Vorschlag. Die schlechteste Luft an Silvester hatte in diesem Jahr der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Sollte das Böllern im nächsten Jahr dort verboten werden, würden wohl einige Menschen aus Friedrichshain beispielsweise nach Lichtenberg fahren, um dort zu knallen. Befürchtet wird nicht nur ein Verkehrschaos, sondern auch, dass viele Friedrichshainer nur bis zum S-Bahnhof Lichtenberg fahren würden, wo es ohnehin jedes Jahr sehr chaotisch ist. Der Bahnhof wird zudem in der Winterzeit zum Kältebahnhof für Obdachlose umfunktioniert, diese können dort in der Nacht schlafen.

Welche Strafen soll es geben?

Der Lösungsansatz von Kapek sei „zu einfach und leider auch diskriminierend gedacht“, findet Kevin Hönicke, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg. „Also entweder ist man gegen das Böllern oder nicht“, sagt er. Wie er selbst dazu steht, ließ er allerdings offen. Es würde ja ein Böllerverbot in Berlin geben – an den Tagen vor und nach Silvester zum Beispiel. Jedoch würde vor allem an Neujahr auch geknallt, und zwar nicht zu wenig. „Wenn sich also eh niemand an ein Böllerverbot halten würde, was hätte es dann für einen Sinn?“, fragt Hönicke. Und wer sollte das Verbot durchsetzen? Welche Strafen soll es geben?

Kapeks Parteikollegin Hannah Neumann, Kandidatin für die Europawahl, ist für ein Böllerverbot in ganz Berlin, vor allem in Lichtenberg. „Ein Verbot innerhalb des Rings kann nur ein Anfang sein. Wenn man sieht, wie andere Parteien sich positionieren, ist selbst das schon schwer.“ Kapek selbst sprach sich nachträglich dafür aus, den Ansatz einer Ausweitung für das Böllerverbot zu begrüßen. „Ich werde das mitnehmen in die Debatte im Abgeordnetenhaus.“ Ohnehin sei ihr ein radikaler Verkaufsstopp von Feuerwerk lieber. Dies sei jedoch Bundesangelegenheit.

Kapek selbst wohnt in Kreuzberg

2016 war Lichtenberg der Wahlkreis von Kapek. Sie war bei der Abgeordnetenhauswahl Direktkandidatin unter anderem für den Bereich Frankfurter Allee, also an der Grenze zu Friedrichshain. „Unsere Stadt darf nicht wieder auseinanderfallen“, schrieb sie damals. „Weder in Arm und Reich noch in hippes Zentrum und abgehängte Peripherie.“ Unterdessen wohnt Kapek samt Familie in Kreuzberg. Jedes Jahr an Silvester verlässt sie aus Angst vor der Böllerei die Stadt. Auch deswegen stören sich viele in Lichtenberg an ihrer Forderung, das Böllern nur innerhalb des S-Bahn-Rings zu verbieten.

„Der Trend, Berlin als zwei Distrikte zu sehen, Ring-Bereich und Nicht-Ring-Bereich, war schon immer eine viel zu einseitige Betrachtung“, findet Sebastian Füllgraff, im letzten Jahr von den Lichtenberger Grünen zu den Linken gewechselt. Auch aus einem westlichen Bezirk außerhalb der Ringbahn kommt Kritik: „Der Feinstaub macht nicht an der S-Bahn-Grenze halt“, sagt Thorsten Schatz von der CDU aus Spandau. Mit Blick auf Kapeks Vorschlag spricht er von Verbohrtheit.

Schatz ist kein Freund des Böllerns, ein generelles Verbot lehnt er aber ab. Er könnte sich ein Verbot für bestimmte Schwerpunkte vorstellen. Dort, wo im letzten Jahr am meisten Müll liegen geblieben ist, zum Beispiel. Oder dort, wo im letzten Jahr Einsatzkräfte mit Böllern und Raketen beschossen wurden. Allenfalls für örtliche Verbote plädiert Christian Gräff, CDU-Abgeordneter aus Marzahn-Hellersdorf. Den Vorschlag von Kapek hält er für „kompletten Schwachsinn“.

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