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Sperrbezirk. In der Silvesternacht 2018/19 gab es gezielte Attacken auf Einsatzkräfte mit Feuerwerkskörper. An den Brennpunkten werden nun Verbotszonen eingerichtet. Überall sonst ist Böllern aber weiterhin erlaubt.

©  Paul Zinken/dpa

Silvester in der Hauptstadt: Senat will Böller-Wahnsinn an drei Orten in Berlin verbieten

Keine Pyro-Schlachten rund um die Pallasstraße und auf dem nördlichen Teil des Alexanderplatzes: Das ist das Ziel des Innensenators für die Silvesternacht. Polizisten sind angesichts des Plans skeptisch.

In nicht einmal vier Monaten ist es wieder soweit: Böse Geister vertreiben, das alte Jahr verabschieden, das neue begrüßen – auch mit Feuerwerk. Doch für Silvester verhängt Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) zwei weitere Böllerverbotszonen.

Zum Jahreswechsel 2019/20 sollen auf dem nördlichen Teil des Alexanderplatzes in Mitte und rund um die Pallasstraße im Steinmetzkiez in Schöneberg keine Böller oder Raketen mehr erlaubt sein. An diesen Orten ist somit der Besitz und Gebrauch von Böllern und üblichem Silvesterfeuerwerk untersagt, ebenso wie auf der Silvestermeile auf der Straße des 17. Juni. Kleinstfeuerwerk wie Knallerbsen, Bodenwirbel und Wunderkerzen sollen aber weiterhin erlaubt sein.

Regelrechte Straßenschlachten

Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) sprach von „Gefahrenbrennpunkten“. Diese seien anhand der Angriffe mit Feuerwerk auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr in den vergangenen Jahren identifiziert, aber auch auf andere Feiernde. An diesen Orten gab es regelrechte Straßenschlachten.

Um den Jahreswechsel 2018/19 sind laut Innenverwaltung 49 Attacken auf Feuerwehrleute und 40 Fälle von Widerstand und Angriffen auf Polizeibeamte registriert worden. 40 Beamte wurden verletzt. Zugleich hatten sich an der Pallasstraße rund 150 Menschen getroffen und sich gegenseitig mit Feuerwerk beschossen.

Deshalb werde die Polizei jetzt per Allgemeinverfügung für den nördlichen Alexanderplatz und die Pallasstraße ein „Mitführ- und Abbrennverbot“ in den Stunden rund um den Jahreswechsel erlassen, sagte Akmann.

Das vom Senator noch im Januar angekündigte Böllerverbot am Hermannplatz kommt jedoch vorerst nicht. Nach der Prüfung durch die Polizei habe sich herausgestellt, dass die Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte dort nicht geballt, sondern großflächiger verteilt vorgefallen seien, hieß es.

Ein rechtssicheres Vorgehen sei schwieriger als gedacht

Die vor allem von Seiten der Grünen favorisierten weitreichenden Verbote wird es erst einmal nicht geben. Der Linke-Abgeordneten Michael Efler ließ am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses durchblicken, dass ein rechtssicheres Vorgehen gegen die Böllerei weitaus schwieriger sei als ursprünglich gedacht.

Der weitreichende, bereits im Dezember 2018 von der Koalition eingereichte Antrag musste überarbeitet werden. Es seien bessere, tatsächliche durchsetzbare und rechtssichere Formulierungen gefunden worden, sagte Efler. Es solle zudem geprüft werden, ob auch auf Grundlage des Umwelt- und des Tierschutzrechts weitere Zone eingerichtet werden können.

Bis es zu weitreichenden Einschränkungen „des Böllerwahnsinns“ kommt, wie Efler es nennt, dürfte es noch eine Weile dauern. Denn hier greift schlicht Bundesrecht. Efler kündigte eine Bundesratsinitiative an, mit der das Sprengstoffgesetz geändert werden soll.

Verkauf soll auf ein bis zwei Tage verkürzt werden

Zuständig für die Bundesratsinitiative ist Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke). Über eine Öffnungsklausel soll Kommunen ermöglicht werden, großflächige Verbotszonen einzurichten und den Handel mit Feuerwerk einzuschränken. Zudem soll nach dem Willen des Senats über das Bundesrecht der Verkauf des legalen Silvesterfeuerwerks auf ein bis zwei Tage verkürzt werden. Besonders laute Böller sollen möglichst nicht mehr verkauft werden.

Für Berlin sei darüber hinaus eine Aufklärungskampagne geplant, um die Bürger für die Gefahren durch Feuerwerk zu sensibilisieren, sagte Efler. Mit dem neu gefassten Antrag habe die Koalition einen „vernünftigen Weg und Kompromiss“ gefunden – und folge keinen „übertriebenen Ansätzen, die man in der Praxis nicht durchhalten kann“.

Verlagern sich die Pyro-Schlachten auf andere Orte?

Elfer sagte aber auch: „Wir wünschen uns eine grundrechtsschonende Umsetzung. Ob das der Königsweg ist, werden wir erst am 1. Januar 2020 feststellen. Aber wir müssen endlich mal Erfahrungen sammeln. Nichts zu tun ist keine Option.“

In der Polizei selbst ist von politischen Vorgaben die Rede, die Verbotszonen seien unbedingt gewollt. Die Experten fragen sich, welche Wirkung die Verbotszonen überhaupt haben werden. Fraglich sei etwa, ob Gruppen extra in die Verbotszonen kommen, um die Polizei zu provozieren, oder ob sie sich einfach an anderen Orten in der Stadt für ihre Pyro-Schlachten treffen.

Ohnehin ist die Berliner Polizei zum Jahreswechsel mit allen 16 Hundertschaften im Dauereinsatz. Verstärkt ist die Polizei Silvester auch an den Brennpunkten Gropiusstadt, Südstern sowie der Kreuzung Eberswalder Straße / Schönhauser Allee. Die Polizei ist dort mit massivem Personaleinsatz präsent. Auch Innensenator Geisel selbst und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatten ein stadtweites Verbot abgelehnt – weil dies mit dem vorhandenen Personal bei der Polizei schlicht nicht durchgesetzt werden kann.

Noch vor dem Jahreswechsel soll nun das Abgeordnetenhaus den Koalitionsantrag vom Dezember 2018 verabschieden – der Titel lautet: „Menschen, Tiere und Gebäude vor Feuerwerksschäden schützen.“

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