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Darsteller Kristina Stebner, Hannah Redlich, Tam Ward, Janko Danailow, Katia Bischoff, Dorina Djouglarska und Randy Diamond (l-r) während der Fotoprobe im Ritz Carlton.

© dpa

Sinatra-Musical „That's Life“: Ein bisschen Frankie Boy in Berlin

25 Welt-Hits und neue Anekdoten über den Entertainer verspricht das neue Sinatra-Musical im Theater am Potsdamer Platz. Was Zuschauer dort erwartet.

„Das Publikum erhebt sich und rast aus dem Stand“ – so beschrieb der Tagesspiegel-Beobachter den Moment, als Frank Sinatra beim ersten und einzigen Auftritt in Berlin 1993 die Bühne der Deutschlandhalle betrat. Und fuhr dann ernüchtert fort, in der Folge habe ein alter Mann mit textlichen und auch sonst allerhand Gedächtnislücken den Abgesang auf seine Weltkarriere geliefert. Die Halle nur schütter besetzt, die Fans enttäuscht, das war kein guter Abend für Berlin, jene Stadt, die in Harald Juhnke ja ohnehin einen passablen Ersatz zu haben glaubte.

Im zweiten Anlauf besser?

Nun kehrt Frank Sinatra für ein paar Januartage hierher zurück. Nicht persönlich, versteht sich, sondern in Gestalt des schottischen Entertainers Tam Ward, dessen Timbre dem Vorbild so ähnlich ist, dass mit geschlossenen Augen wohl nur Experten den Unterschied feststellen könnten. Um ihn herum hat der Berliner Autor und Regisseur Stefan Warmuth zusammen mit dem Produzenten Oliver Forster das Musical „That’s life“ gestrickt, das am 8. Januar im Theater am Potsdamer Platz Premiere feiert und nach drei weiteren Aufführungen auf Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz geht.

Der Berliner Auftritt Sinatras kommt darin nicht mehr vor, die Story beginnt mit dem Start seiner Karriere im Orchester von Harry James und endet 1971 mit dem Moment, als der Weltstar zum ersten Mal seinen Abschied verkündete. Es treten also seine Frauen Nancy Barbato, Ava Gardner und Mia Farrow auf, aber der Autor betont, er habe nicht nur die glitzernde Oberfläche abbilden, sondern den Menschen Sinatra zeigen wollen, wie er mit dem Leben als Idol und dem daraus folgenden enormen Erwartungsdruck umgegangen sei.

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Das Buch setzt für die jungen Jahre einen weiteren Darsteller der Hauptrolle voraus – sie wird besetzt mit dem schon in allerhand Musical-Produktionen erfahrenen Janko Danailow; die Doppelrolle der Ehefrauen Nancy Sinatra und Ava Gardner spielt Katia Bischoff, die in Berlin schon an der Neuköllner Oper auf sich aufmerksam machte. Musikalisch wird es opulent zugehen, es gibt kein Playback, sondern eine 13-köpfige Big Band.

Die Mafia und der Swing

Schon die kleinere Besetzung anlässlich der Pressevorstellung am Dienstag zeigte, dass die Musiker Order haben, knackig und schlackenfrei die Partitur zu spielen, das klingt bei aller Nostalgie sehr heutig und scheint wieder einmal zu beweisen, dass die besten Musicals jene sind, die ihre eigene Musik mitbringen, statt unter pathetischer Schlagersoße zusammenzusinken.

Für den Produzenten Oliver Forster, der auch Musicals über Falco und Michael Jackson auf die Bühne gebracht hat, sind Leben und Musik Sinatras ein weiteres Puzzlestück der Wiederbelebung großer Stars der Popmusikszene. Die Arbeit an „That’s s life“ hat schon vor anderthalb Jahren mit sorgfältigen Literaturrecherchen begonnen, und Forster verspricht, es würden „bisher nicht gekannte Anekdoten“ zum Vorschein gebracht, auch die Mafia–Verstrickungen des Stars sollen zur Sprache kommen. Alles beruhe auf belegbaren Fakten, betont auch der Autor.

Tam Ward klingt wie Frank Sinatra. Doch sieht er ihm auch ähnlich?
Tam Ward klingt wie Frank Sinatra. Doch sieht er ihm auch ähnlich?

© Enrico Verworner

[Preview am 7., Premiere am 8., weitere Vorstellungen am 9. und 10. Januar im Theater am Potsdamer Platz, Tickets ab 41,50 Euro, www.sinatra-musical.com.]

Dennoch steht natürlich die Musik mit insgesamt 25 Welt-Hits im Mittelpunkt, auch das „Rat Pack“ mit Dean Martin und Sammy Davis Jr. tritt auf. Die Choreografin des Stücks, Amy Share-Kissiov, hat den Swing-Tanzstil ausführlich analysiert und sagt, er sei viel komplizierter, als er aussehe.

Für Berlin ist dieses Musical in gewisser Weise auch ein Angebot, seinen Frieden mit Frank Sinatra zu machen. Denn da war ja nicht nur der Auftritt von 1993 mit seinen Peinlichkeiten, sondern auch die abgesagte Show im Mai 1975, als der Sänger sicher noch im Vollbesitz seiner Möglichkeiten war. Damals wartete die ganze Stadt auf ihn, das Hotel Schweizerhof hatte 50 Zimmer für die Truppe um Sinatra geblockt, doch niemand erschien. Am Abend des Auftritts teilte der Veranstalter lakonisch mit, er habe Sinatra in Genf erreicht, wohin dieser gleich nach seinem Frankfurter Auftritt geflogen sei.

Die Gründe blieben unklar. Zunächst wurde vermutet, der schleppende Vorverkauf angesichts von Preisen bis 150 Mark habe das Management zum Abbruch bewegt, außerdem war der Orchesterleiter krank. Später hieß es, man habe Berlin „wegen unfreundlicher, zum Teil bösartiger Ankündigungen der deutschen Konzerte und ernstzunehmender Drohungen aus Kreisen der Berliner Unterwelt“ ausgelassen. Tatsächlich hatte die Boulevardpresse wohl mit Schlagzeilen wie „Die alten blauen Augen leuchten nicht mehr“ und „Wärst du doch in Amerika geblieben“ Stimmung gemacht. Es hatte wohl alles eine Rolle gespielt.

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