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Berlin Singleviertel

© / Axciom Deutschland

Wo es Singles hinzieht: Im Internet sind viele Alleinstehende auf der Suche nach dem idealen Profil. Nicht immer entsteht Nähe

„Ich bin sano13, 45 Jahre , 170 cm, ich suche ihn, 40 bis 55 Jahre, 180 bis 200 cm. Ich will in deine Augen sehen und mich zu Hause fühlen, und wenn ich 80 bin, möchte ich in einem Schaukelstuhl neben dir sitzen und mich daran erinnern, wie wir uns kennen gelernt haben.“

Kluge Ratschläge und schlaue Sprüche für diese Situation hatte es genug gegeben: „Sei froh, dass Du ihn los bist.“, hatten mir meine Freundinnen gesagt. Meinen Trennungsschmerz habe ich gepflegt und auch gelebt. Er hatte schon vor der Trennung eingesetzt. Meine Gefühle wurden nicht mehr erwidert. Liebeskummer kann wohl nur der empfinden, der auch wirklich geliebt hat. Allein fühlte ich mich aus der Bahn geworfen. Meine Träume und Pläne: zerplatzt wie eine Seifenblase. Es dauert, bis ich mich von dem Bild, das ich von meinem Partner hatte, trennen konnte. Und ich entwarf ein neues.

Was sollen wir tun, wenn die klassischen Reviere abgegrast sind und neue Menschen in unserem Leben immer seltener auftauchen? Wir loggen uns im Internet ein. Wo soll eine alleinerziehende Mutter auch sonst nette Kontakte finden? Hier sind wir anonym, keinen kritischen Blicken ausgesetzt. Wir haben Zeit, unsere Worte zu wählen. Unser Gegenüber hat kein echtes Gesicht, maximal sehen wir das beste Foto, das sie oder er auftreiben konnte. Der PC ist geduldig. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Der Eine scheidet aus, weil er gar nicht erst antwortet. Der Zweite signalisiert, dass du gar nicht sein Typ bist. Der Dritte kann sich überhaupt nicht in Wort und Schrift ausdrücken. Der Vierte sucht nur das Abenteuer. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Ich kenne zwar das eine oder andere Pärchen, welches so ins Familienglück gestartet ist. Aber es gibt auch die Anderen, die bitter enttäuscht worden sind, denn nirgendwo wird so viel gelogen wie im Internet.

Da werden falsche Fotos eingestellt, da wird beim Gewicht geschummelt, da werden Berufe erfunden trotz Hartz IV, Kinder verschwiegen und geprotzt, dass die Balken sich biegen!! Ausdauer ist gefragt. Einer wird sich doch wohl finden lassen, sage ich mir. Einer von 1000, die du dir schon im Netz per Mausklick angeschaut hast und für geeignet, für gut befunden hast. Es werden die ersten Telefonnummern ausgetauscht, um wenigstens mal die Stimme zu hören vom neuen Gegenüber. Vielleicht springt der Funke ja über?!? Wieder ein Schuss ins Ofenrohr – am anderen Ende piepst dir Mickey Maus entgegen. Nichts ist von der herrlichen Männlichkeit übrig geblieben, die angeboten und gesucht wurde. Bei der Auswahl der Aspiranten sind wir gnadenlos.

Da ist zum Beispiel Udo. Es gefällt mir, dass er sich mächtig ins Zeug schmeißt. Er würde mir gerne die Sterne vom Himmel holen (und könnte das vermutlich sogar bezahlen). Als Zweitwagen fährt er einen 911 Carrera Cabrio. Ich kann ihn mal ausprobieren – er meint wohl den Wagen –, der würde gut zu mir passen ;-)) und Udo ist durchaus auch interessiert, sich auf meine Kinder einzulassen! Er ist 54 Jahre jung und absolut attraktiv. Für seinen Bootskauf wünscht er sich weibliche Unterstützung. Aber Udo ist leider ein bisschen zu stur für mich und leidet an ziemlich weit fortgeschrittener Diabetes. Da will ich nicht die Krankenschwester an seiner Seite sein.

Also habe ich mich vor zwei Tagen mit Frank getroffen, Finanzmanager einer großen Firma in D. mit 1500 Angestellten. Er sitzt in der Chefetage – eine gute Partie, aber ein Langweiler! Er hält sich für die Idealbesetzung. Das wird nichts. Immer wieder bekomme ich nette Mails von jüngeren Männern, oft zehn Jahre jünger als ich. Mit Kevin habe ich mich vor drei Wochen getroffen – er war durchaus nicht ungebildet, aber eben ein „Grünschnabel“. Ich bin schließlich nicht das alte Fahrrad auf dem Mann lernt.

Ach, das Internet! Alle sind hier dynamisch und attraktiv. Alle lieben die Kultur, die Natur und das Unkonventionelle. Wir versuchen unsere Erwartungen zu dämpfen, aber die führen längst ein unkontrolliertes Eigenleben. Die Vorgespräche am Telefon mögen noch so gut gewesen sein, das Geschriebene noch so brillant – entscheidend ist der erste Eindruck! Und dann treffen wir uns und realisieren: Wir sind Fremde, die voreinander stehen. Wenn kein Funke überspringt, lassen wir einander sehr bald fallen. Wir geben uns keine Zeit, den Anderen näher kennen zu lernen. Unsere Erwartungen, sie werden schnell enttäuscht.

Sano13 ist der Nickame, den unsere Autorin bei ihrer Partnersuche im Internet verwendet.

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