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Berlin: „Skorpion“ hinter Gittern – vielleicht für immer

Elf Jahre Haft plus Sicherungsverwahrung für Bankräuber und Bus-Entführer Dieter Wurm

Elf Jahre Haft. Damit könnte Dieter Wurm leben. Doch nur für Sekunden durfte der „Skorpion“ gestern hoffen, dass er an Schlimmerem vorbeigeschrammt ist. Dann aber verkündete die Vorsitzende Richterin: „Sicherungsverwahrung wird angeordnet.“ Wird das Urteil rechtskräftig, bleibt der heute 48-jährige Bankräuber und Bus-Entführer auch nach Verbüßung der verhängten Strafe im Gefängnis. Auf unbestimmte Zeit.

Dieter Wurm sei gefährlich für die Allgemeinheit, hieß es im Urteil. Die Bereitschaft, bei finanziellen Problemen Banküberfälle zu begehen, sei bei ihm „tief eingeschliffen und verwurzelt“. Seine Gefährlichkeit scheine sich zu steigern. „Früher hat er sich ergeben, jetzt Geiseln genommen.“ Aus Sicht der Richter ist der Mann, der bereits 17 Jahre im Gefängnis saß, uneinsichtig. Der gebürtige Westfale Wurm, der wegen einer Tätowierung in der kriminellen Szene „Skorpion“ genannt wird, war auf Bewährung draußen, als er, bewaffnet, am 11. April letzten Jahres mit einem bislang unbekannten Komplizen die Commerzbank an der Steglitzer Schlossstraße überfiel. Die Beute fiel gering aus: 6050 Euro. Im Prozess sagte er, er habe dann zum Zoo fahren und dort in der Menge untertauchen wollen. Er stieg in einen Doppeldecker der Linie 185. Die Fahndung lief bereits.

Als eine Polizistin und ein weiterer Beamter in den Bus einstiegen, drehte er durch. Er entwaffnete die Frau, ließ ihren Kollegen aussteigen. Dann zwang er den Fahrer zu einer mehrstündigen Irrfahrt durch die Stadt. Wurm wusste, dass ihm die Polizei auf den Fersen war. Er hätte aufgeben können. Er aber bedrohte ein halbes Dutzend Geiseln mit seinen nun zwei Waffen. Am Sachsendamm wurde er gestoppt, durch gezielte Schüsse in die Schulter zum Aufgeben gezwungen.

Der Bus-Entführer, der mehrere Vorstrafen als Bankräuber hat, deutete im Prozess an, wegen einer Frauengeschichte in den Banküberfall hineingeraten zu sein. Das hielten die Richter für ein Märchen. Um Geld sei es ihm gegangen. Wie so oft in seinem Leben. Auch die Behauptung, er habe sich kurz vor der Erstürmung des Busses umbringen wollen, treffe „keinesfalls“ zu.

Wurm war im Januar 2001 aus dem Gefängnis gekommen – nach fast 17 Jahren ununterbrochener Haft. Sein Anwalt sprach von einem „Dreiklang aus Geldnot, Liebe und Arbeitslosigkeit“, der Wurm rückfällig werden ließ. Der Staatsanwalt sah das anders: „Er handelte aus egoistischen Motiven.“ Wurm selbst stellte sich während der sechswöchigen Verhandlung als Opfer dar. Er habe mit dem Bus nur fliehen wollen, die Polizei sei schuld an der Eskalation. „Ich wollte mein Lebensglück finden und habe meinen Untergang gefunden“, meinte er in seinem Schlusswort. Er hält die angeordnete Sicherungsverwahrung für nicht gerechtfertigt. „Es spricht einiges dafür, dass wir Rechtsmittel einlegen“, kündigten seine beiden Verteidiger an.

Kerstin Gehrke

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