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Berlin: So ein böser Junge

Bushido macht das, was er am besten kann: Fans begeistern, Gegner schocken Übermorgen tritt er mit seinem neuen Album in der Columbiahalle auf

Bushido trägt Adiletten, weiße Adiletten, dazu ein rosa T-Shirt. Wirklich rosa. Seine Arme sind übersät mit Tattoos. Er gibt die Hand, entschuldigt sich für die Verspätung. „Schön, dass du gekommen bist“, sagt Bushido, der Skandal-Rapper aus Tempelhof. Seine neue Platte „Von der Skyline zum Bordstein zurück“ ist gerade erschienen. Mit ihr geht der 27-Jährige ab heute auf Tournee, am Donnerstag singt er in der ausverkauften Columbiahalle. Für ihn sei es das letzte Album dieser Art, verkündet der Sänger. „Das Rap-Ding kann so nicht weiterlaufen.“

Bushido, geboren als Anis Mohammed Yussuf Ferchichi, Sohn eines Tunesiers und einer Deutschen, ist eine wirkliche Hip-Hop-Karriere gelungen: Für zwei seiner Alben bekam er Gold. „Gold gehen“ drückt das Bushido aus. Noch häufiger wurden seine Lieder – und die seiner Berliner Rap-Kollegen, als jugendgefährdend eingestuft. Von 22 Alben, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auf den Index gesetzt wurden, sind 20 von Berliner Künstlern.

Allein das zeigt, wo das Herz der Hip-Hop- Szene schlägt. In den Anfangsjahren, den frühen 90ern, waren „Die Fantastischen Vier“ aus Stuttgart und das Frankfurter „Rödelheim Hartreim Projekt“ tonangebend. Später dominierten Spaßrapper, bis sich Sido, der Mann mit der Maske, mit dem Lied „Mein Block“ über seine Heimat, das Märkischen Viertel, an die Spitze der Charts beförderte. Plötzlich hörten besorgte Eltern genau hin, welche Musik ihre Kinder hören. Schimpftiraden fanden Eingang in deutsche Songs. Rap als Protest der Kleinen. Die Öffentlichkeit diskutierte über Ghettos und Gewalt.

Auf genau diesen Zug sprang Bushido auf. Nur fuhr er eine noch härtere Tour als die anderen. Auch sein neues Album wimmelt von Schimpfwörtern und Beleidigungen. Er gab sich sexistisch, schwulenfeindlich und aggressiv. Auf seiner vorigen Platte musste er aufgrund vieler Proteste die Liedzeile „Ihr Tunten werdet vergast“ in „Ihr Tunten werdet verarscht“ abändern. Für Bushido ist das Ganze ein Missverständnis gewesen: „Wenn ich beispielsweise rappe ,Ist das schwul’, dann habe ich keinen Homosexuellen vor Augen, sondern das ist für mich ganz normaler Sprachgebrauch“, sagt er. Schwul stehe dann für andere „schlimme Wörter“. „Ich habe doch nie gesagt, es ist cool, wenn man Schwule beschimpft oder Frauen Nutten nennt.“ In seinen Liedern hört sich das jedoch anders an. Sie lassen sich schwerlich zitieren, von seinen seinen „Zahnspangen-Songs“ abgesehen. Lieder für junge Mädchen. Auch die machten ihn populär, er schaffte es auf den „Bravo“-Titel. Für den geschäftstüchtigen Bushido ein Meilenstein, in der Szene erntet er damit Hohn und Spott.

Jetzt ist Bushido eigentlich rausgewachsen aus seinem Image. Er spricht in klaren Sätze, äußert klare Gedanken. Vieles würde er nicht mehr so machen wie vor fünf Jahren. Die Zeit der harten Sprüche liegt hinter ihm. Doch er weiß, dass er nur mit solchen Texten seine Platten verkaufen kann. „Ich glaube, bei meiner Musik geht es nicht um die Sachen, die ich sage, auch nicht um die Wörter, nicht um ficken, Hurensohn oder Mutter..., sondern es geht um dieses Gefühl, das ich erzeugen kann.“ Auf seinen Arm hat sich der Rapper „Berlin“ tätowieren lassen. „Die Stadt hat mich geprägt, vor allem die Mauer. Als meine Mutter in Kreuzberg geputzt hat, da bin ich dann als Sechsjähriger auf so’n Aussichtsturm an der Grenze, und da standen die Typen mit den Kalaschnikows, das Gefühl können nur die Berliner nachempfinden.“

Bushido hat es geschafft – vom Kleinkriminellen zum Superstar der deutschen Hip-Hop-Szene. Einerseits brüstet er sich mit seiner Vergangenheit als kleinner Drogendealer, andererseits ging der ehemalige Gymnasiast (nach der 11. Klasse abgebrochen) nach dem Rütli-Vorfall an eine Hauptschule, um mit den Jugendlichen zu sprechen. „Ich sage doch nicht, es ist cool, wenn ihr im Gefängnis wart, ich sage, es ist cool, wenn ihr es nicht wart“. Dass seine Texte manchmal etwas anderes suggerieren, sieht er ein: „Ich bin wie eine heiße Herdplatte: Du kannst dich an mir verbrennen.“ So polarisiert er wie kaum ein anderer. Richtig cool oder richtig daneben.

Bushido träumt davon, „’ne nette Frau kennenzulernen, mit der Kinder zu kriegen und einfach alles in geregelten Bahnen laufen zu lassen“. Nur das mit der Treue weiß er nicht, wie er es hinkriegen soll. Außerdem wird gerade an seiner Biografie geschrieben, sein Leben soll verfilmt werden. Er ist schlau genug einzusehen, dass das zu seinem Image passt.

Britta Buchholz

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