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So kann’s gehen: Dazusetzen oder nicht?

Immer wieder sonntagsfragen SieElisabeth Binder.

In einem Restaurant bittet eine Person an einem mit mehreren Personen besetzten Tisch Platz nehmen zu dürfen. Einer der Sitzenden verweigert dies, während alle anderen bejahen. Darf die bittende Person nun Platz nehmen oder nicht?

Für den Einzigen am Tisch, der dem Fremden den Platz verweigern will, ist das ohnehin schon eine etwas peinliche Situation. Auch wenn er noch so gute Gründe hat,das Gespräch vertraulich zu halten und seine Gefährten gegen ihr eigenes Herz nur höflich sein wollen, steht er doch etwas dumm da. Es läge also nahe, dass er sich im Nachhinein den anderen noch anschließt und etwa sagt: „Ach, wenn alle dafür sind, dann will ich mich nicht querstellen. Seien Sie uns willkommen.“ Tut er das nicht, wird er wirklich sehr gute Gründe haben, keinen Eindringling am Tisch tolerieren zu wollen. Und dann sollten Sie aus Rücksicht auf diesen einen Unwilligen darauf verzichten, Platz zu nehmen und sich mit einem freundlichen Gruß zurückziehen. Man kann ja immer fragen, und in der Regel wird man sicher auch aufgefordert, sich einfach dazu- zusetzen. Aber wenn es so einfach nicht ist, soll man das ohne Groll akzeptieren, weil man ja nicht ahnen kann, unter welchem inneren Druck der Verweigerer gerade steht, was er bei seinen Mitmenschen erreichen will oder wie wichtig ihm Vertraulichkeit ist. Von außen lässt sich sowas ohnehin nicht beurteilen. Auch deshalb ist es wichtig, Fragen ganz offen zu stellen und immer ein „Nein“ als Antwort zu akzeptieren.

Umgekehrt gilt für die am Tisch Sitzenden, die Regeln der Gastfreundschaft nicht ohne Not zu verletzen. Wenn es in einem Restaurant wirklich voll ist und es in der näheren Umgebung keine wirklichen Alternativen gibt, dann sollte man anderen eine Chance geben, wenn man nicht gerade ganz große Geheimnisse hin- und herwälzt oder Pläne macht, die nicht öffentlich werden dürfen. Es wird immer gute Gründe für Diskretion geben, aber wenn die wirklich schwer wiegen, begibt man sich ja ohnehin nicht in einen öffentlichen Raum.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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