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So kann’s gehen: Die sehen Sie nie wieder

Immer wieder sonntagsfragen SieElisabeth Binder.

Auf unserer Kreuzfahrt gab es feste Essenszeiten, und wir trafen jeden Abend dieselben netten und unterhaltsamen Gäste an unserem Sechsertisch. Hätten wir uns zu Beginn der sieben gemeinsamen, fast immer zweistündigen Abendessen mit dem Namen oder eventuell dem Vornamen vorstellen sollen? Oder war es besser beim „Ihrzen“ zu bleiben?

Es war Ihnen am Ende offenbar selber nicht ganz wohl in der ungeklärten Situation, sonst würden Sie die Frage wohl nicht stellen. Normalerweise erkennt man doch sehr schnell, ob die Tischnachbarn einem sympathisch sind oder nicht. Mag man sie, spricht nichts dagegen, sich mit Namen vorzustellen. Man muss ja nicht gleich den Personalausweis vorlegen und alle Koordinaten verraten. Aber wenn man sagt „Mein Name ist übrigens Katrin Kleve, da wir im Urlaub sind, können Sie mich gern mit Vornamen anreden“, vereinfacht man die Gesprächssituation erheblich. Ich stelle es mir schwierig vor, eine ganze Woche lange herumzueiern und die Tischnachbarn mit einem unsicheren „Ihr“ anzureden, aber nicht beim Namen nennen zu können.

Gerade auf Kreuzfahrten geht man kein großes Risiko ein. Animateure, die Passagiere zu spontanen Bühneneinsätzen verführen wollen, haben in der Regel ein schlagendes Argument für Experimente im Köcher: „Die Leute sehen Sie nach dem Ende der Reise nie wieder.“ Meist stimmt das auch, aber man weiß natürlich nie. Insofern könnte ich Distanz am ersten Abend zur Not noch nachvollziehen. Man will sich nicht gleich verbrüdern mit Leuten, die möglicherweise unsympathisch sind, und außerdem ist es besser für die Privatsphäre, wenn man sich erst einmal ein bisschen zurückhält.

Kann sein, dass man dann am zweiten Abend denkt, den richtigen Zeitpunkt bereits verpasst zu haben. Tatsächlich ist es aber nie zu spät, einander doch noch vorzustellen. Wenn man also am zweiten Abend sich setzt mit einem munteren „Mein Name ist übrigens…“, darf man durchaus auf erleichterte Reaktionen hoffen und darauf, die Namen der Tischgenossen ebenfalls zu erfahren.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin). Oder an meinefrage@tagesspiegel.de

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