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So kann’s gehen: Gemüsedeko essen

Immer wieder sonntagsfragen SieElisabeth Binder.

Gehe ich recht in der Annahme, dass man die Gemüse-Dekoration auf seinem Teller nicht anrührt? Mich verlocken besonders in asiatischen Restaurants die kunstvoll geformten Mohrrüben und Gurken immer zum Hineinbeißen.

Sicher gibt die Achtung vor der Kunst des Kochs Ihnen das Gefühl, es könne verboten sein, Gemüseblumen und andere essbare Skulpturen mit den Zähnen zu zermalmen. Auf den ersten Blick ist es auch wirklich schade um die kleinen Kunstwerke. Wenn man in diesem Handwerk nicht geübt ist, kann es einem so vorkommen, als dauere es unendlich lange, bis das fertig ist. Aber in asiatischen Ländern gehört diese Schnitzkunst zur Tradition.

Wenn Sie Ihren Appetit zügeln, wird das den Gemüsekunstwerken leider nichts nützen. Denn was einmal einem Gast vorgesetzt wurde, darf nicht etwa wiederverwendet werden, weil es so hübsch aussieht und so zeitaufwendig herzustellen war. Es muss danach in den Müll wandern, ganz egal, ob es sich um ein Brötchen im Korb handelt oder um einen Schwan, der auf Ihrem Teller aus dem Teltower Rübchen geboren wurde. Es wäre also eher falsch, den Appetit zu zügeln, denn wenn Sie das täten, würde ja nicht nur die Skulptur in den Müll wandern, sondern auch das Lebensmittel, aus dem sie geformt wurde.

Ein Impuls, der ganz sicher dem Koch und sogar dem Bedienungspersonal Freude bereiten würde, wäre der Wunsch, noch etwas länger was von dem Schwan zu haben. Sagen Sie doch einfach, es täte Ihnen leid um die schöne Schnitzerei, Sie hätten gern noch länger Freude daran und bitten um ein „Doggie Bag“.

Inzwischen sind auch in Berlin viele Restaurants darauf eingerichtet, den Gästen nach amerikanischer Sitte die Reste einzupacken. Dann können Möhrenblume und Rübchenschwan im heimischen Kühlschrank noch ein Weilchen auf den Tod in Schönheit warten. Und Sie können Ihrem Appetit auf kunstvoll geformtes Gemüse in der diskreten Umgebung ihrer eigenen vier Wände nachgehen.Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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