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Berlin: So schmeckt das neue Europa

Neun der zehn Beitrittsländer stellen sich auf der Grünen Woche vor – wir haben sie besucht

Die neuen EU-Mitglieder aus dem Osten schmecken fremd, versprechen langes Leben, verbreiten gute Laune, machen schnell satt und mitunter auch beschwipst. Das zeigt ein Rundgang durch die Länderschauen der Beitrittsstaaten auf der Grünen Woche. Neun der zehn neuen Mitglieder, die ab dem 1. Mai zur Gemeinschaft gehören, sind in Berlin. Nur Malta fehlt.

Besonders viel Mühe geben sich die Damen am Stand von Lettland. „Mit unserem Kama werden Sie 100 Jahre alt, bleiben schön und widerstehen allen Krankheiten“, verspricht die Frau in der bestickten, weißen Bluse. „Wir trinken es den ganzen Tag und fühlen uns wohl.“ Das so gepriesene Getränk schmeckt jedoch ziemlich fad. Schließlich handelt es sich nur um geröstetes Getreide sowie Erbsen und Bohnen, die mit Buttermilch oder saurer Sahne gemischt werden. Kleine Geschmacksprobleme gibt es auch beim gegrillten Käse „Halloumi“ aus Zypern. Wonach schmeckt das weiße Stück nun? Nach Ziege, Kuh oder Schaf? Alle drei Tiere liefern die Zutaten zu diesem Gemisch, aber genauere Angaben kann der erfahrene Mann am Herd nicht machen. Er empfiehlt als Getränk die Spezialität „Zivania“ – eine Art Weinbrand mit 45-prozentigem Alkoholanteil – und gießt gleich ein Glas voll.

Über solche Werte können die Tschechen nur milde lächeln. Ihr Wermutbranntwein „Hill’s Absinth“ bringt es locker auf 70 Prozent. Eine merkwürdige Tombola hat sich die Firma Becherovka unter dem Motto „Bewährte Tradition“ ausgedacht. Da ist ein Trabant, Baujahr 1959, zu gewinnen. Gut, dass wenigstens die Oblaten und das Prager Bier „Staropramen“ original tschechisch sind. Auch die slowakischen Nachbarn leiden nicht unter Mangel an Selbstbewusstsein. Ihr „Topvar“ empfehlen sie als „wahrscheinlich bestes Bier auf der Grünen Woche“. Jedenfalls stammt das Gebräu aus einer der wenigen Brauereien das Landes, die noch nicht von Westfirmen übernommen wurde.

Keine Gedanken an fettarme Produkte scheinen die Metzger in Litauen zu verschwenden. Ihr geräuchertes Schweinefleisch bieten sie mit reichlich Speck an. Als wahre Kalorienbomben erweisen sich auch die Baumkuchen. „Der Teig fällt zusammen mit Zucker, Sahne, Margarine und Fett langsam von einer Walze und schafft solche Kuchen-Kunstwerke“, erklärt der kräftige Bäckermeister aus Kaunas.

Am lettischen Stand stellt sich der „größte Soßen-Erfinder des Landes“ vor. Evald reicht fünf verschiedene Variationen zum Kosten – von mild bis feurig. „Diese Mischungen habe ich von meinen Großmüttern abgelauscht. Die kennt ihr in West- und Mitteleuropa also gar nicht“, meint der Mann mit Kochmütze. Romos Oszkar an der Präsentation Ungarns schwört hingegen auf sein „Puszta-Brot“. Nach dem EU-Beitritt will er es nun exportieren. „Hefe-Teig frittiere ich im heißen Fett, solange bis er dunkel wird“, erklärt er.

Deftig geht es auch an polnischen Ständen zu. Wer will, kann an der Vertretung der schlesischen Wojewodschaft 17 unterschiedlich gefüllte Maultaschen probieren. Selbst die altbekannten Pumpernickel können noch verändert werden. Fast ganz auf alkoholische Genüsse hat sich dagegen die slowenische Präsentation konzentriert. Die Winzer von 20 verschiedenen Weinstraßen schickten ihre besten Tropfen nach Berlin. Entsprechend schwer fällt die Auswahl. Der Kellner macht die Sache einfach – er rät zum Wacholder-Schnaps und liegt zum Abschluss der Tour durch die neuen EU-Länder genau richtig.

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