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Berlin: So viel Regen wie seit 160 Jahren nicht

Grundstücke und Felder stehen unter Wasser Jahressoll in der Region längst überschritten

Cottbus / Seelow – Große Landstriche Brandenburgs bieten derzeit ein völlig neues Landschaftsbild: Wasser steht auf Feldern und Wiesen, es sammelt sich in Straßen, Kellern und selbst in den Wäldern. Besonders betroffen vom Dauerregen sind das Oderbruch im Nordosten, die Lausitz zwischen Unterspreewald und Neiße sowie die gerade das letzte große Hochwasser überstandenen Regionen entlang der Schwarzen Elster zwischen Bad Liebenwerda und Herzberg.

Nach Angaben der Bauernverbände sind allein in den südlich Berlins gelegenen Kreisen Dahme-Spreewald, Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße zwischen 50 und 60 Prozent aller Ackerflächen überschwemmt. Teilweise konnten hier sogar einige Mais- und Getreidefelder immer noch nicht abgeerntet werden, weil die Maschinen in der Schlammwüste nicht vorankommen.

Ausgelöst wurde die ungewöhnliche Situation im Unterschied zum September aber nicht durch die über ihre Ufer getretenen Flüsse und Bäche. Diesmal sind vielmehr die extremen Niederschlagsmengen Schuld, die auf den mittlerweile völlig durchnässten Böden nicht mehr versickern können.

Die Zahlen sprechen für sich: Nach Angaben des Bauernverbandes in Südbrandenburg sind in diesem Jahr bereits 800 Liter Regen auf einen Quadratmeter gefallen. „Der Jahresdurchschnitt liegt aber lediglich bei 574 Litern pro Quadratmetern“, heißt es. Die Wetterstation in Cottbus hat solche Regenmengen das letzte Mal im Jahre 1945 gemessen.

An der mittleren Spree bei Beeskow liegen die bisher gemessenen Werte nur noch knapp unter dem bisherigen Rekordjahr 1981. Vor allem rund um Beeskow müssen mehrere Bewohner ihre Häuser bereits mit Sandsäcken vor einer Überflutung schützen. Die Spree hat inzwischen die zweite von insgesamt vier Hochwasserstufen erreicht.

So wie hier hat sich auch im Oderbruch das Grundwasser längst durch die Kellerwände seinen Weg gesucht. Einige Familien kämpfen rund um Kietz-Küstrin, Gorgast und anderen Orten zwar mit Pumpen gegen die braune Brühe. Aber die Meinungen über den Sinn dieser teuren und aufwendigen Aktionen sind geteilt. Leer gepumpte Keller könnten dem Druck des Grundwassers nicht standhalten, sodass eine Unterhöhlung der Grundmauern nicht auszuschließen sei, befürchten Kritiker.

Zusätzliche Sorgen löst in diesem Landstrich die Wetterprognose aus. Bei niedrigen Temperaturen trocknet nichts mehr ab. Der Landkreis hat für alle Fälle ein Notfalltelefon für Betroffene des „Binnenhochwassers“ geschaltet. Im Oderbruch hat es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 160 Jahren noch nie so viel Regen innerhalb eines Jahres gegeben.

Nach Ansicht von Matthias Freude, dem Präsidenten des Brandenburger Landesumweltamtes, müssen sich die Brandenburger auch künftig auf extremen Starkregen einstellen. Infolge der Klimaerwärmung sei mehr warme Luft unterwegs, die riesige Wassermengen beispielsweise über dem Mittelmeer aufsaugen könne. „Die gelangen dann zu uns mit den jetzt sichtbaren Folgen“, sagt Freude. Claus-Dieter Steyer

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