zum Hauptinhalt

Berlin: So weit die Ohren tragen: Plüschhasen auf der Todesschanze

Die Athleten heißen Blitzi, Trudi und Schnapshase. Es ist kalt auf der Behmstraßenbrücke, so kalt, dass den Menschen die Füße verfrieren.

Die Athleten heißen Blitzi, Trudi und Schnapshase. Es ist kalt auf der Behmstraßenbrücke, so kalt, dass den Menschen die Füße verfrieren. Sprühschnee hängt in der Luft, Matsch liegt auf dem Asphalt, unten donnert zugig die S-Bahn vorbei. Doch den Athleten macht das miese Wetter nichts aus - sie sind bestens präpariert mit Plüschofrost (Achtung! Schleichwerbung!). Plüschofrost ist der offizielle Sponsor der 1. Internationalen Wintersportolympiade der Stofftiere und Puppen (WOSP). Plüschofrost - das kann gar nicht oft genug gesagt werden. Sponsoren sind wichtig, damit auch noch eine Sommerolympiade stattfinden kann. Plüschofrost schützt auch Ihr Kuscheltier vor Kälte und Witterungseinflüssen. So.

Zurück zum Sport. Zar, Chef des vierköpfigen olympischen Komitees, klettert mit Schnapshase die steile Treppe zur Sprungschanze hoch. Schnapshase legt die Ohren an, konzentriert sich - und stürzt sich unter großer Anteilnahme der zahlreichen Zuschauer todesmutig die eisige Schanze herunter - und hebt ab. Ein sensationeller Erfolg für den fabelhaften Nager aus der Zarenschule, selbst der starke Seitenwind im letzten Drittel der Flugroute kann den erfahrenen Nager nicht an einer perfekt ausgeführten Telemark-Landung hindern. Die Menschenmenge auf der Behmstraßenbrücke tobt. Die Jury hat nach kurzer, aber intensiver Beratung entschieden: eine "sechs" in der Plüschofrost-, eine "sieben" in der Charme-Wertung. Damit liegt der Schnapshase aus dem Haus des Zaren ganz weit vorne Aber wird er seine Position verteidigen können? Schließlich ist das Skispringen nur eine von drei olympischen Disziplinen - die Wettkämpfe im Bungee-Jumping und Eisschnelllauf werden erst heute entschieden, und damit auch die Medaillenvergabe.

Was Plüschofrost für die Stofftiere, ist der Glühwein für die Menschen und Teilnehmer der Winterolympiade, die mit einer wirklich beeindruckenden Zeremonie eröffnet wurde. Der Zar, Mitglied der österreichischen Performance-Gruppe "Club Real", entzündete ein echtes Plüschfeuer, aber unbestrittener Höhepunkt der Eröffnungsfeier war wohl das Singen der olympischen Hymne, die nicht nur die pelzigen Athleten, sondern auch die Zuschauer und Trainer zutiefst anrührte. "Erwachsene, die Kuscheltiere im Bett haben, sind anders", sagt der Zar alias Georg Springer. "Das ist ein Stück Kindheit." Wer die sportelnden Österreicher und ihre zähen Athleten beobachten oder selbst antreten und an der Abschlussfeier teilnehmen will, kann das heute von 12 bis 16 auf der Behmstraßenbrücke. Ski heil!

Esther Kogelboom

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false