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Henriette, 18, will nicht in einer Gesellschaft leben, in der Kinder zum geplanten Projekt werden.

© privat

Social Freezing: Wir wollen keine gefrorene Gesellschaft!

Erst entspannt Karriere machen und irgendwann Kinder bekommen - Apple und Facebook zahlen ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen. Wollen wir in so einer Welt leben?

Frauen sollen die Möglichkeit haben, auch noch Kinder zu bekommen, wenn sie 40 oder älter sind – ein Kampf gegen die biologische Uhr und die Vereinbarkeitsschwierigkeit von Karriere und Kindern. Anscheinend finden das auch immer mehr Menschen echt cool. Ich fange bei dem Gedanken, zukünftiges Leben über Jahre in einem Gefrierschrank zu lagern, zu zittern an. Was ist das für eine Gesellschaft, in der Eizellen und Kinderwünsche tiefgefroren werden und diese Option als optimale Freiheit verkauft wird? In der Firmen das Privatleben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beeinflussen, damit diese einen noch optimaleren Nutzen für sie darstellen?

Sicherlich ist es verständlich, wenn Frauen oder Paare dies als Absicherung oder Vorsorge nutzen wollen – aber ist es nicht eigentlich traurig, dass wir eine solche Absicherung brauchen? Dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir nicht darauf vertrauen können, dass Strukturen im Arbeitsmarkt geschaffen werden, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich machen? 

Alles muss perfektioniert, berechnet und geplant werden – man selbst, der Lebenslauf und jetzt auch noch der Zeitpunkt der Familiengründung. Was ist das für eine Gesellschaft, in der Leben und Lieben in keinster Weise spontan oder improvisiert sein dürfen und Kinder zu einem ganz und gar festlegbaren Projekt werden - zum Sahnehäubchen auf der mehrstöckigen und rezeptgetreuen Karrieretorte?

Ich würde gern in einer Gesellschaft leben, in der über Kinderkriegen nicht analytisch und arbeitgeberorientiert diskutiert und dies als ein qualvolles Hindernis für alle Arbeitgeber und nervenaufreibende Tortour für alle berufstätigen Eltern geschildert wird.

Und ich würde ganz gern in einer Gesellschaft leben, in der ich mit 18 solche Gedanken guten Gewissens in die Zukunft verschieben kann. Eine Gesellschaft, die mir nicht das Gefühl gibt, jetzt schon Angst vor einer Familienplanung haben zu müssen.

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Henriette Teske

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