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Berlin: Solar

Richtig gigantische Hochhäuser hat Berlin ja nicht. Leider?

Von Frank Jansen

Richtig gigantische Hochhäuser hat Berlin ja nicht. Leider? Vielleicht. Andererseits ist eine Skyline, die nur noch mit Mühe von der einer beliebigen amerikanischen Großstadt zu unterscheiden wäre, nicht unbedingt erstrebenswert. Seien wir ehrlich: Berlin ist schon hässlich genug. Das zeigt sich auch da, wo ein interessantes Lokal zu vermuten ist. Ein gleich im doppelten Wortsinn herausragendes Beispiel ist das „Solar“ nahe der Ruine des Anhalter Bahnhofs. Die Restaurantclubloungebar thront oben im einstigen Saskatchewan-Hochhaus, einem besonders unansehnlichen Exemplar westlicher Plattenbauarchitektur. Die Betreiber versuchen zumindest im Eingang auch gar nicht, dem düsteren Ambiente entgegenzuwirken – im Parterre betreten die Gäste ein halbdunkles Betonfoyer. Von wegen „solar“. Doch dann geht es im gläsernen Aufzug an der Hauswand hoch zum 16. Stock. Mehr und mehr fächert sich das Berliner Panorama auf. Hübsch.

Oben angekommen, wird der Blick noch getoppt. Das Solar bietet auf zwei Etagen durch große Fensterfronten fast eine komplette Rundumsicht. Aber der Blick sollte sich auch nach innen richten. Lässige Eleganz dominiert das Interieur. Eine breite Sitzschaukel und ähnlich abgehobenes Mobiliar nebst kleiner Bar im 17. Stock, Wendeltreppe hinunter zum hellen Restaurant, in dem streng auf Reservierung geachtet wird, eine größere Bar mit langem Schrägtresen, lederne Liegeinseln. Die Beschallung mit zeitgenössischem Sound war kräftig. Das gefällt dem nachtlebewütigen 30-plus-Berliner: Eine Spielwiese mit Ausguck und wohlig vertrautem Lärm. Das Solar war ziemlich voll, als drinking man und compañera ihre Visite absolvierten.

An der großen Bar bedienten zwei Keeper. Einer trug ein schwarzes T-Shirt mit Batiksonne und dem Aufdruck „ichbinsolar“. Entsprechend hellgelaunt bediente der Mann und brachte zunächst einen Frozen Daiquiri sowie einen Apricot Cocktail (frischer Zitronensaft, Gin, Aprikosenlikör, Orangensaft). Der Daiquiri kam als Eisschneegebirge, ein überhängender Softbrocken klatschte dem drinking man auf Hand und Hose. Die compañera hingegen schwärmte von ihrem Apricot Cocktail, der laut Karte so auch in New York im Rainbow Room serviert wird – einer tollen Wolkenkratzerbar, an die sich das drinking couple gern erinnert.

Es folgten ein Deep South (brauner Rum, Southern Comfort, Zitronensaft, aufgegossen mit Champagner), der angenehm süffig an die Dekadenz der amerikanischen Südstaaten erinnerte, und ein nicht alkoholischer Virgin Frozen, dickflüssig-himbeerig-gut. Wenn jetzt noch der Frozen Daiquiri gelänge, würde sich der drinking man vielleicht sogar ein T-Shirt mit der Aufschrift „ichtrinkesolar“ weben lassen.

Solar, Stresemannstraße 76, Kreuzberg, Tel.: 0163–765 27 00, sonntags bis donnerstags 18–2 Uhr, freitags/samstags bis 4 Uhr

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