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Berlin: Solidarpakt: Gemeinsam für kürzere Arbeitszeiten Hauptpersonalrat will Teilzeitinitiative nur

auf freiwilliger Basis und mit finanziellen Anreizen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes und der Hauptpersonalrat des Landes sind offenbar bereit, gemeinsam mit dem Senat eine Initiative zur Arbeitszeitverkürzung auf freiwilliger Basis zu starten. Um Teilzeitarbeit attraktiver zu machen, müsse über Anreize nachgedacht werden, sagte die Verdi-Landesvorsitzende Susanne Stumpenhusen. Die von Innensenator Ehrhart Körting vorgeschlagene 35-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich lehnt die Verdi-Chefin empört ab.

„Wer möchte nicht gern weniger arbeiten?“, fragte der stellvertretende Hauptpersonalratvorsitzende Knut Langenbach im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Es müssten aber die Rahmenbedingungen stimmen. Das größte Hindernis für die Arbeitnehmer, die Arbeitszeit zu verkürzen, seien das verringerte Einkommen und die Aussicht auf eine schmale Altersversorgung. Das gelte vor allem für die unteren Besoldungsgruppen. „Es ist doch kein Zufall, dass bei den relativ besser verdienenden Lehrern die Teilzeitquote in Berlin mit 20 Prozent weit über dem Durchschnitt liegt.“ In Berlin arbeiten derzeit etwa 15 Prozent der Beschäftigten in den Senatsbehörden und Bezirksämtern auf Teilzeitbasis.

Eine mustergültige Regelung, so Langenbach, sei die Altersteilzeit, für die – ab dem 60. Lebensjahr – ein Rechtsanspruch besteht. Das Monatseinkommen wird um 20 Prozent, mindestens aber auf 83 Prozent des Nettogehalts und der Rentenbeitrag auf 90 Prozent aufgestockt. Dieses Angebot werde von den älteren Beschäftigten in der Berliner Verwaltung gut angenommen. Allerdings verhalte sich der Senat widersprüchlich. So habe das Landesschulamt kürzlich in einem Rundschreiben mitgeteilt, dass für Lehrer zwischen 55 und 60 Jahren, die keinen Rechtsanspruch haben, Altersteilzeit nicht mehr genehmigt werde.

Welche Anreize müsste der Senat bieten, um den öffentlich Bediensteten eine verkürzte Arbeitszeit schmackhaft zu machen? Langenbach schlägt vor: Eine nichtlineare und sozial gestaffelte Absenkung der Vergütung. Das hieße: Je geringer das Monatsgehalt und je größer der Arbeitsverzicht, desto geringer fiele der Einkommensverlust aus. Außerdem könnte der Senat Ausgleichszahlungen an die BfA bzw. Versorgungskasse oder für eine private Zusatzversicherung anbieten. Aber dies seien „unabgestimmte Ideen“, betonte der Personalrat. Eine obligatorische 35-Stunden-Woche für die mittleren und oberen Besoldungsgruppen, die dem Senat vorschwebt, lehnt die Verdi-Landeschefin Stumpenhusen ab. Mit solchen unrealistischen, nicht durchsetzbaren Vorschlägen vergifte der Senat das Klima bei den Solidarpaktverhandlungen für den öffentlichen Dienst. Eine staatlich verordnete Arbeitszeitverkürzung war Anfang der neunziger Jahre in den ostdeutschen Ländern möglich. Grundlage war eine Öffnungsklausel im Bundesangestellten-Tarif (Ost), die wieder gestrichen wurde. Berlin ist zwar nicht Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder, kann aber trotzdem nicht einseitig vorgehen, weil die auf Bundesebene ausgehandelten Tarifvereinbarungen automatisch übernommen werden. Dieser Berliner „Anschluss-Tarifvertrag“ ist frühestens 1. Januar 2004 kündbar. Auf Bundesebene neigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch nicht dazu, eine neue Öffnungsklausel zu verhandeln.

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