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Berlin: Soll für Taxifahrer ein Gütesiegel eingeführt werden?

Taxifahren ist Vertrauenssache. Eine Fahrt durch die Stadt, so wünscht sich der zahlende Gast, soll kein Abenteuer sein mit ungewissem Ausgang.

Taxifahren ist Vertrauenssache. Eine Fahrt durch die Stadt, so wünscht sich der zahlende Gast, soll kein Abenteuer sein mit ungewissem Ausgang. Der Mann hinterm Steuer soll vielmehr der Helfer sein, der den besten – und preiswertesten – Weg zum Ziel kennt und dabei freundlich und zuvorkommend ist. Das darf jeder von einer solchen Dienstleistung erwarten; erst recht ortsunkundige Touristen oder ältere Menschen. Ein selbstverständlicher Anspruch an das Taxi-Gewerbe. Doch Kunden machen oft andere Erfahrungen. Ruppige Fahrer, vermuffte Innenräume und zuweilen abenteuerliche Fahrtrouten, gegen die sich nur alteingesessene Berliner wehren können. Wenn Taxifahrer nicht mehr genug verdienen, dann liegt das nicht nur an der wirtschaftlichen Flaute und auch nicht an den zu vielen Taxen, wie die Funktionäre des Fahrgewerbes glauben machen wollen, sondern auch am geschwundenen Vertrauen der Kunden. Ein amtliches Gütesiegel ist deshalb überfällig. Derzeit gibt es nicht einmal einen Ausweis mit Lichtbild, der sicherstellt, dass am Steuer ein auf Ortskenntnis geprüfter Taxifahrer sitzt. Klare Standards für das Fahrpersonal zu setzen – und sie regelmäßig zu überprüfen – kann helfen, das Ansehen der Kutscher zu verbessern, Schwarzarbeit einzudämmen und Nepp zu verhindern. Davon profitieren alle Fahrer, auch jene, die jetzt schon freundlich und korrekt sind. Denn zufriedene Kunden kommen wieder.

In Berlin wollen wir es also wieder mal eine Nummer preußischer und piefiger: Test und Prüfung und Gütesiegel für Berlins Taxifahrer. Frei nach dem fragwürdigen Motto: Wer weiß, wie man einen Schlips bindet, kutschiert einen besser durch die Stadt. Berlin manövriert sich damit aber in die Sackgasse. Es ist doch eine Mär, dass Taxifahrer automatisch professioneller arbeiten, nur weil sie einen Qualitätsstempel besitzen. Orientierungssinn und Hilfsbereitschaft lassen sich nicht verordnen, Höflichkeit und Zuvorkommenheit kann man nicht auswendig lernen. Und wer will eigentlich kontrollieren, ob die Fahrer auch wirklich in die Praxis umsetzen, was sie so schön in der Theorie gelernt haben? Nein: Die amtliche Lizenz verursacht nur Zusatzkosten, bringt aber nichts. Zu viel Bürokratie mit Brief und Siegel am Steuer schadet der Stadt sogar, weil sie das Schicksal des urigen Typs Droschkenkutscher besiegelt. Ich jedenfalls steige gern ein bei dem türkischstämmigen Kutscher, der nicht gerade eine Eins in Deutsch hatte, aber mich dafür charmant und zügig und ohne Umwege durch die Stadt chauffiert. Und noch was: Leute machen immer dann ihren Job gut, wenn er ihnen Spaß macht. In Berlin sind viele Taxifahrer nur deshalb so grimmig, weil die Kundschaft jeden Cent dreimal umdreht. Außerdem gibt es auf den Berliner Straßen insgesamt zu viele Taxifahrer – das macht ihnen allen das Überleben fast unmöglich. Darüber sollte man besser mal reden. Annette Kögel

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