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Berlin: Soll McDonald’s nach Kreuzberg kommen?

PRO Auch Kreuzberger essen mal einen Big Mac. Ich wohne dort und bekenne mich schuldig.

PRO

Auch Kreuzberger essen mal einen Big Mac. Ich wohne dort und bekenne mich schuldig. Bisher allerdings war an Fast-Food-Ketten-Nahrung nur im kleinen Grenzverkehr heranzukommen. McDonald’s rückt also mit der geplanten Filiale im Wrangelkiez näher an den Kunden. Das ist eine marktwirtschaftlich logische Konsequenz und keine Boshaftigkeit. Wo es nichts zu verkaufen gäbe, käme der Konzern auch nicht hin.

Für die Widerstandsbewegung, die gegen die Baupläne mobil macht, gibt es keinen Grund zur Aufregung – im Gegenteil. Die Gegner behaupten, McDonald’s und Kreuzberg, das passe einfach nicht zusammen. Wenn das stimmt, dürfte das kritische Bewusstsein groß genug sein gegen die Versuchung, die Ernährung im Kiez komplett auf Chicken McNuggets und Fischmäc umzustellen. Die einheimische Küche – Grünkernbratling und Tofu- Würstchen auf der einen und türkisches Alternativ-Fastfood auf der anderen Seite – ist also nicht ernsthaft bedroht. Stattdessen sollten die Ströbeles und ihre globalisierungskritischen Mitkämpfer von der Ökofront dankbar sein für einen McDonald’s in Kreuzberg. Ein besserer Standort für den dauerhaften – selbstverständlich friedlichen – Protest gegen den Konzern als an der McDrive-Einfahrt ist doch kaum denkbar. Aber vermutlich befürchten die Gegner nur, dass die hungrigen Kunden einfach an ihnen vorbeifahren.

CONTRA

In der Volksdemokratie Kreuzberg gibt es nur eine politische Kraft, die zählt – das ist die Widerstandsbewegung. Doch der Volksprotest gegen die Ansiedlung einer McDonald’s-Bratstube ist nicht das stärkste Argument gegen einen solchen Imbiss. Die Frikadellenfachleute aus den Vereinigten Staaten haben es stets vermocht, die Kritik ins Geschäftskonzept zu integrieren, bis hin zu dem Vorwurf, sie würden ihre Umgebung vermüllen. Ehe sie ein Geschäftsverbot akzeptieren, erklären sie sich zum Müllwegmachen bereit. So viel Mangel an Stolz, so viel Frittierfetischismus machen misstrauisch. Die McDonald’s-Manager könnten sich die Einstellung leisten, dass die Kreuzberger sich selbst bestrafen durch ihren provinziellen, ausgemergelten Antiamerikanismus. Stattdessen treiben sie ihre Pläne mit der Besessenheit von Sektierern voran. Kreuzberg? Sie können davon so wenig lassen wie vom Schmelzkäse. Denn letzten Endes ist es mit den Fähigkeiten der Brater, Kritik wirklich ernst zu nehmen, wohl so, dass sie nur das ernst nehmen, woraus sich eine neue Geschäftsidee machen lässt. Sie machen Kritik zu Salat – und hoffen darauf, dass der salatordernde Jungkonsument sein Gesundheitsbewusstsein mit einem Dreiviertelliter Coca-Cola belohnt. Es bliebt dabei: Das Essen macht satt, aber es taugt nicht viel. Nur eine nicht eröffnete ist eine gute McDonald’s-Filiale. Werner van Bebber

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