zum Hauptinhalt

Berlin: Sommerlager

Es ist schwer vorstellbar, dass der gerade in Frankfurt von Sven Väth eröffnete, millionenschwer designte Cocoon Club Erfolg haben wird, scheint es doch eine eiserne Regel in der Party-Kultur zu geben: je unambitionierter die Deko, desto cooler die Party. Manche Protagonisten der Rave- Kultur scheinen das entgegen Sven Väth zu beherzigen und haben sich längst der lokal agierenden Undergroundkultur zugewandt.

Es ist schwer vorstellbar, dass der gerade in Frankfurt von Sven Väth eröffnete, millionenschwer designte Cocoon Club Erfolg haben wird, scheint es doch eine eiserne Regel in der Party-Kultur zu geben: je unambitionierter die Deko, desto cooler die Party. Manche Protagonisten der Rave- Kultur scheinen das entgegen Sven Väth zu beherzigen und haben sich längst der lokal agierenden Undergroundkultur zugewandt. Marusha hat nicht nur eine steile Karriere als Teenie-Idol, sondern auch eine als TV-Produzentin und eine kurze als Schauspielerin hinter sich gebracht – und stand am vergangen Samstag hinter dem DJ-Pult des neuen Mini- Dancefloors im WMF-Sommerlager. Vor DJ Bleed, Redakteur und Mitherausgeber der Berliner Zeitschrift De:Bug, brachte sie in einem kleinen, quasi nur mit matter Glühlampe beleuchteten Raum im Lehrerzimmer-Look ein super old school Drum’n’Bass-Set, das trotz des tanzfeindlichen Teppichbodens alle zum „Raven“ brachte.

Das WMF ist schon seit den frühen 90er Jahren einer der wichtigsten Berliner Clubs, der nur in den letzten beiden Jahren weniger hip war als sonst. Die augenblickliche Location, das so genannte Sommerlager, ähnelt durch den Innenhof-Charakter ein wenig an den vorletzten Ort in der Johannisstraße. Auch das Publikum der Samstagnacht erinnerte stark an die Clubszene vor fünf Jahren. Es schien, als ob eine Menge Leute auf das Ende der Electro- und Electroclash-Vorherrschaft im Berliner Nachtleben gewartet haben. Von den VJ-Leinwänden wurde es verkündet: This is Grime! Der neue Hype aus London. Auf der Bühne eine Hand voll junger vermeintlicher Gangster am Mikro, die über jeden sowieso schon mit Vocals vollgestopften Track rappten, deepe, aber zerstörte Basslines und dazu das zwar skeptische, aber dem neuen Offbeat-Style gegenüber aufgeschlossene Berliner Publikum. Wenn auch anfangs ein wenig verhalten getanzt wurde, hatte man wenigstens ein Gesprächsthema, und das war endlich wieder die Musik.

Es war eine gute Idee des WMF, für die Sommermonate eine Open-Air-Location einzurichten, sie nicht „überzudesignen“, sie nach wochenlanger Wetterbeobachtung mit Bauplanen zu überdachen und musikalisch an alte Traditionen anzuknüpfen. Damit hat sich das Haus im Augenblick der Meinung vieler Clubgänger nach wieder in die erste Liga der Berliner Clubs gespielt.

29. Juli ab 22 Uhr: Reggae-Sommerlager, DJ Barney Millah & Alex / Such a Sound & Gäste, 31. Juli ab 23 Uhr: Ada+Metope (Areal, K) live, DJs Highfish (WMF, B) Harre (Automatique / Station 17 / Click) im WMF Sommerlager, Littenstraße Ecke Rolandufer, Mitte. Nächste Woche stellt Frank Jansen eine Bar vor.

Christine Lang

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false