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Berlin: Sonderzug nach Wok Pan

Nächster Halt: Burg Rattenloch. Der Designer Benny Nero hat das Berliner U- und S-Bahnnetz bearbeitet

Wenn Benny Nero morgens von Prenzlauer Berg in sein Kreuzberger Büro will, muss er rund 30 Minuten Bahn fahren: Mit der U2 von „Ehelosen Auslacher“ bis „Tarzan Delle Pax“, dann mit der U8 nach „Zahntrampeln“ und weiter bis „Nusseigenart“. So steht es jedenfalls auf seiner Karte.

Mit bürgerlichem Namen heißt er Benjamin Karré, aber als „Benny Nero“ stellt der Grafikdesigner sonderbare Dinge an. Zum Beispiel die Umgestaltung des Berliner U- und S-Bahnnetzes: In Fleißarbeit hat der 25-Jährige jede einzelne Bahnstation umgetauft – und zwar nach den Regeln des Anagramms. Das heißt: Er tauschte bei jedem Namen die Reihenfolge der Buchstaben, so dass sie neuen Sinn ergaben. Aus Hausvogteiplatz wurde „Topsalat Zugvieh“, aus Charlottenburg „Burg Rattenloch“. Was der ganze Quatsch soll? In erster Linie ist es wohl Kunst. Außerdem hat sich Nero eine Erklärung zurechtgelegt, die – seiner Meinung nach – ganz überzeugend klingt: „Ich zeige, wie unser Bahnnetz auf einen legasthenischen Autisten mit Sinn für Humor wirkt.“

Dazu kam der Wettbewerbsgedanke, Benny Nero wollte beweisen, dass Berlin im internationalen Vergleich mithalten kann. Denn das kreative Umbenennen von Bahnstationen ist ein internationaler Sport: Los ging es Anfang des Jahres mit dem Londoner U-Bahnnetz, es folgten New York, Toronto, Wien. Die meisten Karten werden ins Internet gestellt.

Eigentlich ist Benny Nero Österreicher, vor einem Jahr zog er nach Berlin, „weil man hier als Künstler gut überleben kann“. Den Tipp bekam er von seiner älteren Schwester Vanessa. Die arbeitet seit Mitte der 90er als Malerin und Illustratorin in Berlin, hat unter anderem das Albumcover der aktuellen „Wir sind Helden“-Platte entworfen.

Bennys Lieblingsanagramm ist übrigens „Moped Rastplatz“, das steht für Potsdamer Platz. Auch ansonsten ist er mit seinem Werk zufrieden. Nur Kleinigkeiten würde er im Nachhinein anders machen. Da ist etwa der Stationsname „Lue Bevel“ für Bellevue. „Der macht wenig Sinn, das gebe ich gerne zu.“ Ein Besucher seiner Internetseite hat ihm einen besseren Vorschlag gemacht: „Übe-Level“. Vielleicht bekommt Nero irgendwann Gelegenheit, den Namen nachzutragen. Er würde sein Projekt gerne ausweiten – und gleich den ganzen Berliner Stadtplan mit allen Straßennamen drauf umbenennen. „Das braucht aber viel Zeit, und ohne finanzielle Unterstützung schaffe ich das nicht.“ Bei der Stadt hat er noch nicht angefragt.

Die umgestaltete Karte im Internet: www.bennynero.com

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