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SONNTAGS um zehn: Abschied vom Wannsee

Das evangelische Haus der Stille schloss seine Pforten

Zugefroren glitzerte der Kleine Wannsee in der Sonne. Schnee und Eis bedeckten den weitläufigen Park. Immer wieder traten gestern Menschen an ein Fenster der alten Villa, um noch einmal den Ausblick zu genießen. Denn das „Haus der Stille“, ein herrschaftliches Anwesen direkt am Wasser, das seit 45 Jahren der Meditations- und Retraitearbeit in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz dient, soll verkauft werden.

Grund dafür seien vor allem wirtschaftliche Überlegungen gewesen, sagt die Vorsitzende des Trägervereins, Gabriele Schultheis. Dabei habe sich die Arbeit des „Hauses der Stille“ gut entwickelt, die Einnahmen aus den Kursen habe man deutlich gesteigert. Und seitdem eine Reihe evangelischer Bruderschaften regelmäßig zu Gast in der Wannsee-Villa waren, habe man auch die inhaltlichen Differenzen reduzieren können. Mehrfach hatte es in den letzten Jahren innerkirchliche Kritik daran gegeben, dass zu wenig christliche und zu viel fernöstliche Meditationsangebote im „Haus der Stille“ stattfanden. Denn Yogakurse und Zen-Meditationen nahmen einen breiten Raum im Kursprogramm des Hauses ein. Doch aller Protest half am Ende nicht: Mit einem Dankgottesdienst schloss das „Haus der Stille“ gestern seine Pforten. Noch einmal wurden die Wachskerzen des mit schlichten Strohsternen geschmückten Weihnachtsbaumes angezündet, noch einmal nahmen die langjährigen Nutzer des Gebäudes auf den einfachen Holzstühlen Platz. Und noch einmal genossen sie einen Gottesdienst, der von Ruhepausen und a Capella gesungenen Chorälen geprägt war.

Und in seiner Predigt erinnerte Pfarrer Klaus Hägele an Simeon, jenen alten Mann aus dem Tempel in Jerusalem, der nicht sterben konnte, bevor er nicht den Messias gesehen hatte. Als er das kleine Jesuskind auf seinen Arm nehmen konnte, war er „erlöst vom nicht Sterben können.“ Und er erinnerte an die Flucht der Heiligen Familie vor dem Kindermord des Herodes. „Stall und Krippe sind nicht das Ziel, sondern der Beginn eines Weges“, sagte Hägele. „Und der Weg beginnt mit einer Flucht.“ Manch einer fühlte sich da an die Situation des Trägervereins und der Aktiven aus dem Haus der Stille erinnert. „Ein neues Haus haben wir noch nicht gefunden“, sagt Gabriele Schultheis. „Wir sind auf der Suche.“ Denn die Meditationskurse sollen auf jeden Fall fortgesetzt werden. Benjamin Lassiwe

Am 8. Januar, 14 Uhr, wird Am kleinen Wannsee 9 das Inventar versteigert. Wer sich für die Zukunft des Vereins interessiert, kann unter info@haus-der-stille.de Kontakt aufnehmen.

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