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SONNTAGS um zehn: „Etwas Nettes fürs Auge“

Bischof Dröger und Brigitte-Redakteurin Sandberg fragten sich, was Schönheit ist

„Sie sind sicher begnadete Schönheiten“, umschmeichelt die „Brigitte“-Frau das überwiegend grauhaarige Publikum. Die Entscheidung des Frauenmagazins, keine Profi-Models mehr abzulichten, sei ein voller Erfolg: 30 000 Leserinnen hätten sich schon für ein Fotoshooting beworben. „Die Resonanz ist überwältigend.“ Auch Bischof Markus Dröge findet die Aktion „absolut vorbildhaft“.

Eigentlich ist man in die St. Marienkirche am Alexanderplatz gekommen, um etwas über „Schönheit und Vergänglichkeit“ zu erfahren, als Gastpredigerin war „Brigitte“-Redakteurin Vera Sandberg geladen. Stattdessen gibt es Werbeworte. Man hört, dass die Auflage des Magazin „steil nach oben“ gegangen sei, oder Sätze wie „Die Leserinnen sind begeistert.“ Pfarrer Gregor Hohberg geht im Angesicht der Besucher (Durchschnittsalter geschätzte 70) dann immerhin auch ein wenig auf die Vergänglichkeit ein: Sie sei die Grenze der Schönheit, zitiert er aus einem Psalm: „So wie Motten ein Kleid zerfressen“. Weil das gar nicht schön klingt, geht es gleich weiter.

Kurz nur schneidet Dröge das Thema Magersucht an, dann fragt er wieder nach der „Brigitte“-Kampagne. Sandberg gibt zu, es kämen inzwischen auch Fragen, wieso die abgebildeten Frauen trotzdem alle so schlank seien. „Es geht ja auch um was Nettes fürs Auge, nicht darum zu zeigen, wie kann jemand aussehen.“ Und wen findet der Bischof schön? Ein Werbeplakat der Diakonie habe ihn angesprochen. Eine junge Frau sei darauf zu sehen, eine Pflegerin, die „strahlte“ eine alte Frau an und diese „strahlte“ zurück. Das sei schön.

„Mir hat es nicht gefallen“, sagt nachher eine 46-jährige Kirchgängerin. Schönheit sei nicht nur ein Frauenthema. Eine 74-jährige Rentnerin beklagt, dass nur lächelnde Senioren akzeptiert würden: „Was ist mit den miesen Gesichtern?“ Leiden sei auch eine Form der Menschlichkeit. Ihr Mann ergänzt ironisch: „Alle sind schön, aber zu hässlich dürfen sie auch wieder nicht sein.“den

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