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SONNTAGS um zehn: Hart an der Gürtellinie

Die Benefiz-Kunstauktion der evangelischen Kirche

„Sie sind Jedermann und seine Buhlschaft zugleich! Sie buhlen heute um Bilder!“ Detlef Gosselck, der Mann mit dem schwarzen Schlapphut, war Sonntag in der Heilig-Kreuz-Kirche am Halleschen Tor in Hochform: Zum 16. Mal versteigerte die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hier in Kreuzberg Kunstwerke zugunsten von Projekten für Flüchtlinge und Migranten. Und mit seinem flapsigen, manchmal auch kalauernden Wortwitz trieb der Autor und Maler die Preise in die Höhe. Zum Beispiel auch bei einer Mühlenhaupt-Lithografie „mit einem Pissoir. Aber wer pisst denn heute noch?“, fragte Gosselck, und kratzte damit hart an der Gürtellinie des in einer Kirche Möglichen. „Das sind doch heute alles hochexklusive, kleine Cateringbuden.“

Am Ende fand die Lithografie des Kreuzberger Künstlers für 420 Euro einen neuen Besitzer – ein Schnäppchen, verglichen mit einem Ölgemälde des gebürtigen Leipzigers Lutz Friedel, bei dem Detlef Gosselck den Preis von 1200 auf 2000 Euro steigerte. Ein Werk von Elvira Bach startete bei 800 Euro – und ging für 1200 Euro mehr weg. Für Werke des kürzlich verstorbenen Siegmund Hahn lieferten sich die Menschen heiße Bietgefechte. Insgesamt kamen 32 000 Euro zusammen.

Wie in den vergangenen Jahren nutzten auch die Schirmherren der aktuellen Auktion, der Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel und der evangelische Bischof Markus Dröge die Gelegenheit, um an die ernsten Hintergründe der Veranstaltung zu erinnern: 2000 Menschen würden auf dem Weg nach Europa jährlich im Mittelmeer ertrinken, beklagte Dröge zu Beginn der Auktion. Und der Berliner Bischof forderte vor der voll besetzten Kirche eine andere Flüchtlingspolitik in der Europäischen Union. Europa solle gerettete Flüchtlinge aufnehmen, sagte er, „anstatt die Retter vor Gericht zu stellen.“ Benjamin Lassiwe

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