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SONNTAGS um zehn: Kerzen der Erinnerung

Ein Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.

Das muss man erst mal hinkriegen: einen Raum gestalten, der beklemmend wirkt und in dem man sich zugleich geborgen fühlt. Den Architekten, die vor 40 Jahren die evangelische Gedenkkirche am Charlottenburger Heckerdamm bauten, ist das gelungen. In der oberen Hälfte des Kirchsaals dominieren wuchtige Sichtbetonquader. Von den Tafeln des „Plötzenseer Totentanzes“, geschaffen von dem Wiener Künstler Alfred Hrdlicka, blicken einen ausgemergelte, geschundene Kreaturen an. Und doch fühlt man sich in den Bankreihen aufgehoben. Das liegt am warmen Braunton des Holzes, an der Anordnung der Bänke um die Altarinsel.

Mit einem bewegenden Gottesdienst gedachte die Gemeinde am Sonntag, einen Tag vor dem offiziellen Holocaust-Gedenktag, der Opfer des Nationalsozialismus. Statt der klassischen Predigt erinnerten Konfirmanden und Pfarrerin daran, wie die Nazis die jüdische Bevölkerung systematisch ausgrenzten, drangsalierten, in den Tod trieben. Aber es gab auch die anderen, die mit Flugblättern und Predigten vor dem Terror warnten und bedrohten Nachbarn halfen. Viele von ihnen wurden nahe der Gedenkkirche in der Hinrichtungsstätte Plötzensee ermordet. Auch für sie wurden Kerzen angezündet.

Ein junger Mann berichtete von Überlebenden, die er während seines freiwilligen Jahres mit Aktion Sühnezeichen in Pittsburgh kennengelernt hat. Etwa den 96-jähriger Mordechai Glass: Über seine Verzweiflung in Auschwitz habe der alte Mann nicht sprechen können. Aber davon, wie „heilend“ es für ihn sei, zu wissen, dass junge Menschen in Deutschland sich vorzustellen versuchen, was er mitgemacht habe. Claudia Keller

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