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Berlin: Sonntags um Zehn: "Wer glaubt, kann kein Nazi sein"

In seiner Begrüßung spricht Manfred Moll das Problem gleich an: Wenn eine evangelische Gemeinde Konfirmation und Taufe feiert, kommen zwei Arten von Gästen. Solche, die aus Verbundenheit mit den Konfirmanden dabei sind, und solche, die "zur Ehre Gottes in die Kirche kommen".

In seiner Begrüßung spricht Manfred Moll das Problem gleich an: Wenn eine evangelische Gemeinde Konfirmation und Taufe feiert, kommen zwei Arten von Gästen. Solche, die aus Verbundenheit mit den Konfirmanden dabei sind, und solche, die "zur Ehre Gottes in die Kirche kommen". Wie er am Sonntag in der Kirche Zum Guten Hirten am Friedrich-Wilhelm-Platz in Friedenau mit der Schwierigkeit umgehen würde, haben die Konfirmanden selbst vorgegeben. Keine lange Predigt, keine "Lesung, die ohnehin niemand versteht", möglichst keines der überlieferten, formelhaften Gebete: Das hatten sie sich gewünscht.

Und Pfarrer Moll geht darauf ein. So wird niemand zu Beginn des Gottesdienstes zugemutet, im Kyrie eine Schuld zu bekennen, die er oder sie vielleicht gar nicht verspürt. Und statt des apostolischen Glaubensbekenntnisses gibt es einen Dialog zweier Konfirmanden, die sich gegenseitig versichern, dass sie nicht an Popstars glauben und sich nicht dem Diktat der Markenklamotten unterwerfen. Bei Konfirmation und Taufe hätte man auch den anderen Weg gehen und jene alten Gebete sprechen können, die der Gemeinde der Glaubenden eine gewisse Einheit verleihen. Die Einheit der Getauften, Konfirmierten, Glaubenden und kirchlich Engagierten kommt trotzdem zur Sprache.

Zu Beginn seiner kurzen Predigt lässt Moll ein Tau im Mittelgang der Kirche auslegen. Die Konfirmanden und vier jugendliche Täuflinge sollen daran ziehen und jene Gemeinschaft beweisen, die in den eineinhalb Jahren der Vorbereitung gewachsen ist. Sie gewinnen gegen die gleiche Zahl von Gottesdienstbesuchern - vielleicht war es doch nicht verkehrt, zur Konfirmanden-Kleidung Turnschuhe anzuziehen. Nach dem erlebnispädagogischen Einstieg spricht Pfarrer Moll noch drei Punkte an, die ihm wichtig sind. Erstens: Wer glaubt, müsse sich dauerhaft um seine Position bemühen, "es ist nicht so, dass wir heute glauben lernen und es dann können." Zweitens: Glaube drückt sich auch in konkreten Taten aus: "Wer glaubt, kann kein Nazi sein", und wer christliche Ethik ernst nehme, könne auch keine Eier von Käfighennen kaufen. Und drittens: In jeder Gemeinschaft gibt es solche, die sich richtig reinhängen, solche, die manchmal nur so tun und solche, die zu schwach fürs Engagement sind. Unterschiedliche Konsequenzen zu ziehen, gehöre zur Meinungsvielfalt, auch in einer Gemeinde.

Jörg-Peter Rau

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