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Berlin: Sozialer Baum

Berlin ist die waldreichste Kommune Deutschlands. Besucher sollen lernen, mit der Natur umzugehen

In Berlins Wäldern haust ein unbekanntes Wesen: der Heldbock. Es ist ein rund fünf Zentimeter großer brauner Käfer, der in alten Eichen lebt. Die meisten würden an ihm achtlos vorübergehen – wenn sie ihn denn entdeckten. Denn das Tier ist sehr selten und sogar vom Aussterben bedroht. Doch nicht nur für den Heldbock ist der Berliner Wald Lebensraum, sondern auch für Seeadler, Biber und Seeotter. Für alle, die mehr über Flora und Fauna erfahren wollen, hat die Berliner Forstverwaltung jetzt die Initiative „Treffpunkt Wald“ gestartet. Bis zum 31. Dezember steht das Projekt unter dem Motto „Wald bewegt“. „Wir wollen den Wald erklären und so eine Balance zwischen Besuchern und Natur herstellen“, sagt Marc Franusch, Sprecher der Forstverwaltung.

Denn auf 250 Millionen schätzen Fachleute die Zahl der Besuche pro Jahr. Mit rund 28000 Hektar inner- und außerhalb der Stadtgrenzen besitzt Berlin so viel Wald wie keine andere deutsche Kommune. Pro Einwohner hat Berlin 80 Quadratmeter Wald. München kommt auf 36 Quadratmeter pro Einwohner, Hamburg auf 28.

Doch nicht alle nutzen ihn gleichermaßen. Naturschutzverbände berichten von Kindern, die auf Schulausflügen das erste Mal den Wald betreten. Vor allem Kinder aus ärmeren Schichten, die im Stadtzentrum wohnen, hätten erschreckend wenig Bezug zur Natur, sagt Herbert Lohner, Referent für Naturschutz beim Berliner Landesverband des Bundes für Natur- und Umweltschutz Deutschland (BUND). Aber nicht nur die Kinder: Die Forstverwaltung zahlt jährlich zwischen 600000 und 800000 Euro, um wilde Mülldeponien im Wald zu beseitigen, Tendenz steigend.

Daher will die Forstverwaltung die Berliner für einen bewussten Umgang mit ihren Wäldern sensibilisieren, sei es mit Wanderungen, Radtouren, Waldsportfesten oder zwei Aktionswochen im September. Neben Infos zum Wald soll es dabei auch um Gesundheitsvorsorge gehen, Sportvereine und Naturschutzverbände können sich mit Angeboten beteiligen. Beim Probelauf der Aktion im vergangenen Jahr sind 10000 Personen zu den Veranstaltungen gekommen. Dieses Jahr hofft Franusch auf die doppelte Besucherzahl, will auch Krankenkassen und Schulen einbeziehen.

Die Naturschutzverbände begrüßen die Initiative, pochen aber auf den Grundauftrag der Forstverwaltung, die Erhaltung und Vermehrung der Wälder. Seit 2002 trägt der Berliner Wald ein Gütesiegel, das an konkrete Auflagen gebunden ist. So soll etwa der Wald stellenweise sich selbst überlassen werden, um zu seinem Ur-Zustand zurückzufinden. „Noch sind zu wenig Urwaldzellen geschaffen worden“, sagt Ulrike Kielhorn, Naturschutzreferentin beim Berliner Verband das Naturschutzbundes Deutschland (NABU). Damit diese Wildniszellen entstehen, so Herbert Lohner vom Berliner Landesverband BUND, müsse ein Generationswechsel stattfinden. Alte Bewirtschaftungstechniken seien noch zu sehr in den Köpfen verankert. Für ihn hat der Wald auch eine wachsende soziale Aufgabe: „Gerade in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit wird der Wald wieder zu einer Alternative zum Urlaub.“

„Treffpunkt Wald“, bis zum 31. Dezember, Informationen unter 64 19 3725 und unter www.treffpunktwald.de.

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