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Als kleines Mädchen war Gabi Decker schon fasziniert von Senioren. Ende 2012 erfüllte sich die Schauspielerin und Sängerin mit ihrer Stiftung für betagte Menschen einen Traum.

© Doris Spiekermann-Klaas

Soziales Engagement: Ein Bett im Alter

Die Berliner Kabarettistin und Sängerin Gabi Decker unterstützt mit ihrer Stiftung alte Menschen. Sie verhilft ihnen zu einem Leben in Würde – und macht sich selbst damit glücklich.

Schon als Kind war Gabi Decker von alten Menschen fasziniert. „Ich hab sie immer gegrüßt“, erzählt sie. Die Mutter wunderte sich. „Vielleicht sind sie einsam“, argumentierte Gabi, das Kind. „Oma und Opa mochte der Führer nicht“, erzählt sie heute, wenn sie nach ihren Großeltern gefragt wird. Wegen ihrer jüdischen Herkunft kamen sie im Konzentrationslager um. „Ich hatte immer viele Nenn-Omas und Opas“, sagt sie. „Omi Gutschke“ gehörte dazu, die Putzfrau in dem Reisebüro, in dem sie einst ihre Lehre gemacht hat.

Dabei wusste sie eigentlich schon im Kindergarten, dass sie Sängerin und Schauspielerin werden wollte. Für eine Prinzenrolle als Gage gab sie Twist-Nachmittage und sang „Rote Lippen soll man küssen“. Aber die Eltern waren unerbittlich. Das Kind sollte was Ordentliches lernen. Ein Jahr hielt sie es als Leiterin eines Reisebüros aus, verdiente nebenbei mit ihrer Band aber mehr als auf dem Drehstuhl. Also ging sie nach Berlin.

Pianobars, Radio, Fernsehen, später „Die Wühlmäuse“, demnächst Schlossparktheater. Das wurde ihre Welt. Existenzängste hatte sie nie. Ganz am Anfang, in der ersten eigenen Wohnung, stellte sie mal erschrocken fest, dass man nicht nur Miete, sondern auch Strom und Wasser zahlen muss. Als sie das einmal wusste, lief es locker: „Ich bin ein sparsamer Mensch und kann gut mit Geld umgehen.“

Doch auch wenn man noch so gut mit Geld umgehen kann und sein Leben lang gearbeitet hat, wird es im Alter oft knapp. Deshalb gründete sie Ende 2012 die Gabi-Decker-Stiftung mit dem Zweck „Soforthilfe für Senioren“. Vor allem mit Sachleistungen will sie alten Menschen zu einem Leben in Würde verhelfen.

Die Kabarettistin und Sängerin setzt sich heute aktiv und ganz praktisch für alte Menschen ein. Wer sie unter der Rufnummer 433 96 81 ab 12 Uhr anruft, hört als erstes die Frage: „Womit kann ich Sie glücklich machen?“ Damit will sie Hemmschwellen einreißen. „Den meisten alten Menschen ist es ja so furchtbar peinlich, um etwas zu fragen.“

Was am meisten gebraucht wird? „Betten“, sagt sie ohne zu zögern. Nach 50 bis 60 Jahren kracht das Ehebett schon mal plötzlich zusammen. Was, wenn dann kein Geld für eine neue Liegestätte da ist. Auch Kühlschränke, Waschmaschinen oder Fernseher gehen gern mal kaputt. Ein gelernter Altenpfleger, ein arbeitsloser Friseur und etliche Ehrenamtliche unterstützen sie bei der Arbeit. Es kann auch mal sein, dass Begleitung zum Arzt gebraucht wird, dass jemand mit dem alten Menschen im Wartezimmer Platz nimmt, genau zuhört, welche Tabletten er wann nehmen soll und in der Wohnung das dann auf einen großen Zettel in Riesenbuchstaben aufschreibt.

Gabi Decker bittet ausdrücklich auch Nachbarn darum, auf alte Menschen aufmerksam zu machen, die offensichtlich Hilfe brauchen. Gerade hat ihr jemand einen Lagerraum zur Verfügung gestellt, in dem sie Möbelspenden aufheben kann, bis ein Abnehmer gefunden ist.

„Ich habe viel bekommen im Leben, habe auch gekämpft, gut verdient. Und ich teile gern“, beschreibt sie ihre Motivation. „Schon als Kind habe ich gern das Pausenbrot geteilt.“ Zwei ältere Geschwister hat die 57-Jährige noch. Von einem Ziehsohn abgesehen aber keine eigene Familie.

Im Helfen hat die Schirmherrin der Berliner Schwulenberatung allerdings schon beim Aufbau eines schwulen Altenheims in der Niebuhrstraße 60 in Charlottenburg Erfahrung gesammelt. Rund 1,5 Millionen Euro mussten dafür aufgebracht werden. Dafür verfügt es über die erste Alzheimer-Abteilung für schwule Männer – wobei sie nicht sicher ist, ob das wirklich benötigt wird. „Vielleicht weiß man dann gar nicht mehr, ob man schwul ist.“ Ihr nächstes Ziel ist der Aufbau eines Hospizes für Menschen, die austherapiert sind und nur noch weniger als drei Wochen zu leben haben. Wenn sie von den Hospizen spricht, die sie bislang besucht hat, schwärmt sie fast. „Das sind gute Orte, an denen es viel leichter ist loszulassen, als zu Hause.“

Sie selbst hofft, dass sie sich gut aufs Alter vorbereitet. Das bedeutet, sich beizeiten von Dingen zu trennen, die man eh nicht mehr braucht. Und natürlich hofft sie, dass sie dereinst zu den lieben Alten gehört und nicht zu den schrecklichen, die sich mit ihrem Starrsinn das Leben nur unnötig schwer machen. Einmal rief ein Mann an, der vorgab, Hilfe zu brauchen. Er besaß einen Rollator und einen Rollstuhl und wollte von der Stiftung unbedingt einen Segway haben. Da musste er sich schon ein paar kritische Fragen gefallen lassen.

Oft hat Decker schon den Satz gehört: „In ein Heim gehe ich nicht, dazu bin ich viel zu jung.“ Das findet sie sehr unrealistisch. „Der Mensch lebt in dem Glauben, er wäre ewig in der Lage, sich selber zu versorgen. Das stimmt aber nicht.“

Noch genießt sie selber Auftritte mit ihrer Band „Die Devoten“. Und sie lässt sich auch mal für Galas und Feiern buchen. Aber es muss ihr Spaß machen, da ist sie ziemlich streng. Von der von den Eltern verlangten Ausbildung einmal abgesehen hat sie immer nur gemacht, was ihr Spaß macht. Gartenarbeit gehört dazu. Sie näht auch gern. Einen Designer-Pullover hat sie zehn Mal nachgearbeitet in verschiedenen Farben.

Ihre eigene Antwort auf die Frage „Womit kann ich Sie glücklich machen?“, hat sie spätestens bei der Stiftungsgründung gefunden. Da musste sie das Büro ganz schnell verlassen, weil sie sich selber mit Tränen ertappte. „So glücklich war ich, weil ich das unbedingt machen wollte“, sagt sie und klingt dabei fast ein bisschen erstaunt.

Informationen online unter www.Gabi-Decker-Stiftung.de

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