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Sozialstudie: SPD: Armut wächst schneller, als Politik handeln kann

Die Sozialdemokraten suchen am Wochenende nach neuen Ideen für Problemkieze. Auch die Linke erarbeitet Vorschläge gegen die alarmierende soziale Entwicklung.

Angesichts der wachsenden Kluft zwischen Berlins ärmeren Vierteln und dem Rest der Stadt ziehen SPD und Linke eine gemischte Bilanz der bisherigen Senatspolitik. „Wir haben die richtigen Fragen gestellt, aber die soziale Entmischung nicht stoppen können“, sagte der SPD-Politiker Fritz Felgentreu am Donnerstag. „In einigen Vierteln entwickeln sich die Probleme schneller, als man eingreifen kann.“ Er wird am Sonnabend auf einer Klausurtagung der SPD-Fraktion die zentrale Veranstaltung zum Thema „Solidarische Stadt“ leiten, bei der die Abgeordneten nach neuen Ideen suchen wollen, um auf Probleme wie Arbeitslosigkeit, Armut und Integration zu reagieren. Dort soll auch Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer sprechen. Sie hatte am Mittwoch eine Studie vorgestellt, die die verschlechterte Lage in Problemkiezen diagnostizierte. Die Linkspartei zieht sich im Februar für drei Tage zurück, um nach Antworten auf die sozialen Probleme zu suchen. Unter dem Titel „Berlin 2011 – starke Stadt“ wollen die Linken-Abgeordneten mit Fachleuten diskutieren, sagte Fraktionssprecherin Kathi Seefeld.

Ausdrücklich in Schutz nahmen beide Regierungsparteien Klaus Wowereit. Nachdem dem Regierenden Bürgermeister lange vorgeworfen worden war, sich zu wenig um soziale Probleme und Integrationsdefizite zu kümmern, habe er sich in letzter Zeit „sehr intensiv“ um das Thema gekümmert und das auch in seiner Neujahrsbotschaft zum Ausdruck gebracht, lobte Seefeld. Wowereit habe die Integrationspolitik und damit verbundene Themen „zur Chefsache gemacht“, sagte auch Ellen Haußdörfer, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Dazu passte die Ankündigung, die Wowereit am Donnerstag im Gespräch mit dem Tagesspiegel machte: Er will mit individueller Betreuung von Problemfamilien durch Mentoren, die für eine oder mehrere Familien zuständig sein sollen, den Abstieg sozial schwacher Stadtteile stoppen.

Kritik der Opposition, dass der Senat auf die sozialen Probleme der Stadt nicht mit einer einheitlichen Strategie reagiere, wiesen Linke und SPD zurück. So habe Wowereit nach Ansicht des Sozialdemokraten Fritz Felgentreu mit seinen grundlegenden Bemerkungen zum Jahreswechsel die richtigen Akzente gesetzt. Er hatte unter anderem angekündigt, den Aufstiegswillen in sozial benachteiligten Familien fördern zu wollen und ihnen die Bedeutung von Bildung und Ausbildung stärker zu vermitteln. Konkrete politische Schritte müssten jetzt allerdings alle Senatsressorts und auch die Bezirke gehen, sind sich SPD und Linke einig.

So sieht Felgentreu in der Schulreform mit der Abschaffung der Hauptschule einen wichtigen Schritt zu mehr Integration, Ellen Haußdörfer zählt als für eine soziale Stadt wichtige Themen Stadtentwicklung, Sport und Kultur auf, und die Linke will Ende Februar unter anderem über die Bedeutung von Umwelt- und Mietenpolitik sowie die Verstaatlichung von für die Grundversorgung zuständigen Betrieben für eine sozial gerechte Stadt diskutieren.

Patentrezepte dürften die Regierungsparteien bei ihren Tagungen nicht produzieren: „Wenn wir das Rezept für den Zaubertrank hätten, hätten wir ihn längst gebraut“, sagt Ellen Haußdörfer.

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