zum Hauptinhalt

Berlin: Späte Heimkehr

Zwei berühmte Berliner Gemälde haben nach abenteuerlichen Wegen wieder ihren angestammten Platz – der Zufall half dabei

Von Sabine Beikler

Große Kunst in ganz unterschiedlichen Dimensionen erfreut ab sofort die Berliner: Im Festsaal des Roten Rathauses wurde gestern das 3,60 Meter hohe und über sechs Meter lange Ölgemälde „Der Berliner Kongress von 1878“ enthüllt, und im Charlottenburger Schloss hat man das 60 Zentimeter messende kreisrunde Gemälde vom „Feldhauptmann“ vorgestellt. Beide Bilder gehörten früher in die Stadt und haben lange abenteuerliche Wege zurückgelegt.

Das gigantische Ölgemälde vom Berliner Kongress war auf den Tag genau vor 124 Jahren zum ersten Mal im Rathaus aufgehängt worden. Gemalt hatte es Anton von Werner (1843 – 1915) im Auftrag der Stadt. Es zeigt die abschließende Sitzung des Berliner Kongresses am 13. Juli 1878 in der Reichskanzlei. Mitten im Bild der deutsche Kanzler Otto von Bismarck beim Handschlag mit dem russischen Vertreter Graf Schuwalow und britische, türkische und österreichische Politiker. Sie besiegelten den „Berliner Frieden“, der den russisch-türkischen Krieg beendete. Der Künstler bekam 60000 Mark für das Werk, gemalt hat er es vermutlich in seinem Atelierhaus, das heute auf dem Tagesspiegel-Gelände steht. Bis 1945 hing das Bild im gewichtigen Goldrahmen im Rathausfestsaal, danach verschwand es als Beutekunst Richtung Sowjetunion, von da ging es in den fünfziger Jahren an die DDR zurück. Man lagerte es in der Nationalgalerie ein, restaurierte es, stellte es bis vor kurzem im Märkischen Museum aus, und nun hängt es – im provisorischen Rahmen – am alten Ort. „Das Bild ist ein wichtiges historisches Dokument“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, und hofft, dass Sponsoren dem Werk einen neuen Goldrahmen spendieren.

Auch in Charlottenburg freut man sich über ein verlorenes Kind – zumal beim Weg des „Feldhauptmanns“ zurück nach Berlin ein Zufall geholfen hat: 2002 entdeckte der Potsdamer Kunsthistoriker Gerd Bartoschek im Depot der Dresdner Galerie Alte Meister ein Bild, das ihm bekannt vorkam. Könnte der sitzende Feldhauptmann mit dem Kind auf dem Schoß aus den preußischen Schlössern stammen? Bartoschek verglich den Fund mit Computerdaten über verlorene Gemälde – er hatte Recht. Das Bild von Heinrich Loewenstein stammt aus der Wohnung des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III. im Schloss Charlottenburg. Im Jahr 1839 dort aufgehängt, wurde es vor dem Zweiten Weltkrieg nach Chemnitz entliehen. Danach wurde es in die Sowjetunion transportiert. Erst 1958 kam es zurück nach Dresden, wo es jahrzehntelang unerkannt blieb. Als Harald Marx, Direktor der Dresdner Gemäldegalerie, das Bild gestern an die Preußische Schlösserstiftung übergab, sprach er von einem „wahren Ostergeschenk“. Und Schlösserstiftungsdirektor Hartmut Dorgerloh setzte noch eins drauf: Auch die Königswohnung im Schloss werde wieder geöffnet – und der „Feldhauptmann“ dort aufgehängt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false