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Berlin: Spätere Trennung fast ausgeschlossen

In eineinhalb Jahren nur sechs Wochen gearbeitet – und trotzdem praktisch unkündbar. Warum Unternehmer vor Gericht kaum Chancen haben

Frank Z. und Bernd B. haben sich früher einmal sehr gut verstanden. Gestern trafen sie sich vor dem Arbeitsgericht wieder. Bernd B., 52 Jahre alt, Chef einer Schlosserei mit 13 Angestellten, hatte Frank Z. gekündigt. „In eineinhalb Jahren war er nur etwa sechs Wochen da, die restliche Zeit war er krank gemeldet – einen großen Teil der Zeit mit vollem Gehalt“, sagt Bernd B. Im September 2001 sei Frank Z. dabei erwischt worden, wie er Reparaturen auf dem Dach seiner Schwiegereltern ausführte. Das bestreitet Frank Z. nicht: „Das war am letzten Tag meiner Arbeitsunfähigkeit, am Montag habe ich dann auch wieder gearbeitet.“ Für wie lange, sagt er nicht.

Fünf Abmahnungen, eine Kündigung und anderthalb Jahre später trifft man sich vor Gericht. Die Verhandlung endet mit einem Vergleich: Bernd B. zahlt eine Abfindung von 8000 Euro und das Gehalt bis Ende März. Ab 25. Februar hat Frank Z. Urlaub, bis dahin ist er weiter krankgeschrieben.

So wie die Verhandlung lief, musste B. damit rechnen, zu verlieren. Jede seiner Abmahnungen zerpflückte der Richter als unwirksam, bis nur noch eine übrig blieb. „Es ist fraglich, ob das ausreicht für eine Kündigung nach zehn Jahren“, sagte der Richter. Eigentlich wollte B. seinem Mitarbeiter, für den er nun schon viel Lohn gezahlt hat, ohne dass er ihn dafür im Betrieb einplanen konnte, nicht auch noch eine Abfindung zahlen. Nun lenkt er doch ein, er will die Sache vom Tisch haben, verloren hätte er sowieso.

„Vor dem Arbeitsgericht hat der Arbeitgeber höchstens eine 20-Prozent-Chance zu gewinnen“, sagt ein Berliner Rechtsanwalt. „Schon allein sämtliche Formvorschriften zu beachten, bereitet vielen Schwierigkeiten.“ Abmahnungen erfüllen eine Warn- und eine Dokumentationsfunktion. Und es muss stets ein triftiger Grund für sie vorliegen. „Man kann für gewöhnlich niemanden abmahnen, nur weil er krank ist“, so der Anwalt. „Höchstens, weil er sich nicht pünktlich krankgemeldet hat.“ Einen Arbeitnehmer loszuwerden, sei fast unmöglich: „Viele greifen dann zu ungesetzlichen Mitteln und setzen den Arbeitnehmer unter Druck, z.B. durch Mobbing.“

Dabei waren Bernd B. und Frank Z. mal sowas wie befreundet. „Zehn Jahre hat er gut und zufrieden bei mir gearbeitet“, sagt B. Vor anderthalb Jahren habe er drei Mitarbeiter an der Firma beteiligen wollen, darunter auch Frank Z. „Aber die beiden anderen wollten nicht“, sagt B. „ Eine so enge Verbindung wollten sie zu Frank Z. nicht eingehen. Das sagten sie ihm auch. Seitdem ist er krank.“

Der 37-jährige Frank Z. dagegen fühlt sich gemobbt. Sein Anwalt sagt: „Mein Mandant ist fortlaufend gedemütigt worden.“ Er habe regelrecht Angst gehabt, wieder zur Arbeit zu gehen. B. habe die Kollegen gegen ihn aufgehetzt. „Er hat Listen mit den Fehlzeiten der Angestellten ausgelegt und meinen Namen hervorgehoben“, sagt Frank Z. Das bestreitet B.: „Durch das Verhalten von Herrn Z. mussten die anderen für ihn mit arbeiten. Das blieb keinem verborgen und hat alle belastet.“

Bernd B. ist froh, dass er Frank Z. jetzt los ist. Jemand neu reinzuholen hat er nicht vor: „Man kann zurzeit keinen einstellen“, klagt er. „Denn man wird ihn praktisch nicht wieder los.“ Das Arbeitgericht ist nach seiner Überzeugung der größte Verhinderer eines Abbaus der Arbeitslosigkeit. Denn Aufträge hätte er genug, um Personal einzustellen.

Ein weiterer Punkt ist pikant: Der geschlossene Vergleich geht zu Lasten aller. Denn die reguläre Kündigung wurde umgewandelt in eine betriebsbedingte. Das bedeutet, Z. bekommt sofort Arbeitslosengeld. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung wäre er für drei Monate gesperrt gewesen. Der Richter war einverstanden. Frank Z. und Bernd B., die vor Gericht immer wieder versehentlich ins „Du“ fallen, sind jetzt wieder per Sie.

Fatina Keilani

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