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Berlin: Spandau: Bei den Lauben dringen Gase aus dem Boden

In einem zumindest für Deutschland bisher einmaligen Pilotprojekt wird in Spandau eine stillgelegte Mülldeponie entgast. Dort befinden sich jetzt die Laubenkolonie Rohrbruchwiesen sowie die Grundstücke mehrerer Wassersportvereine, die nur noch eingeschränkt genutzt werden können, weil Methan und Kohlendioxid aus dem Boden dringen.

In einem zumindest für Deutschland bisher einmaligen Pilotprojekt wird in Spandau eine stillgelegte Mülldeponie entgast. Dort befinden sich jetzt die Laubenkolonie Rohrbruchwiesen sowie die Grundstücke mehrerer Wassersportvereine, die nur noch eingeschränkt genutzt werden können, weil Methan und Kohlendioxid aus dem Boden dringen. Insgesamt gibt es in Berlin knapp 50 derartige Altablagerungen, Spandau gilt als Vorreiter bei der Sanierung.

Von 1947 bis 1959 diente das 260 000 Quadratmeter große Areal an der Rhenaniastraße der Stadtreinigung als damals drittgrößte Deponie, so Petra Kelm vom bezirklichen Umweltamt. Rund 1,7 Millionen Kubikmeter Hausmüll wurden hier abgelagert und mit einer nur 40 bis 150 Zentimeter dicken Bodenschicht abgedeckt. 1964 entstanden dann die Laubengrundstücke. 1995 ergaben Messungen der Bodenluft eine Konzentration von bis zu 70 Volumenprozent Methangas und 30 Volumenprozent Kohlendioxid. Wegen der bestehenden Explosions- und Erstickungsgefahr müssen Lauben- und Vereinshäuser ausreichend belüftet werden, sind offenes Feuer und Grabungen tiefer als 30 Zentimeter verboten.

Weil der Müll hier nicht im üblichen Stil aufgeschüttet, sondern in eine große Grube verfüllt wurde, können die Gase nicht im klassischen Verfahren abgesaugt werden. Deshalb, so Joachim Schneider von der Firma Ingea-Depotec, hat man sich für das Pilotprojekt entschieden. Über 35 vier bis sechs Meter lange Injektionsrohre werden mit Hilfe einer Kompressoranlage stündlich rund 500 Kubikmeter Luft in den Boden bis unterhalb des Grundwasserpegels geblasen. Das entspricht etwa der zehnfachen Menge der ermittelten Gasproduktion des Mülls. Auf ihrem Weg zurück an die Oberfläche reißt die Luft das Gas mit aus der Erde.

Seit August ist die Anlage im vollen Betrieb, schon jetzt ist das Gas im Bereich der Lauben nicht mehr messbar. Nur in einem Vereinshaus am Bootshausweg hat sich ein anrüchiger Nebeneffekt ergeben. Mit der Luft dringen hier auch Geruchsstoffe aus dem Boden, es stinkt nach Müll. Hier wird noch nach einer Lösung gesucht. Beim Umweltamt hofft man, die Sicherheitsauflagen im kommenden Frühjahr aufheben zu können, die Gesamtdauer der Sanierung wird auf drei bis fünf Jahre geschätzt.

Mit rund 700 000 Mark hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Sanierung finanziert, dazu kommen jährliche Betriebskosten von etwa 110 000 Mark. Ob derartige Vorhaben nach der Verlagerung der Zuständigkeit an die Bezirke weiter realisiert werden können, gilt als fraglich. Wenn der jetzige Gesamtetat statt auf einzelne Schwerpunkte gleichmäßig verteilt wird, verfügt kein Bezirk über ausreichende Mittel.

Gegenwärtig laufen noch die Sanierungen der ehemaligen Mülldeponien Wannsee (Zehlendorf) und Egelpfuhlwiesen (Spandau). Für die Deponie unter dem Freizeitpark Marienfelde steht der Bezirk Tempelhof-Schöneberg in Verhandlungen mit der BSR. Das Gas aus der Müllhalde unter dem Freizeitpark Lübars (Reinickendorf) wird laut Bezirksamt bereits seit längerer Zeit abgefackelt. Dazu kommen nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Westteil noch 39 kleinere Ablagerungsstellen der BSR. Im Ostteil der Stadt sind drei frühere Mülldeponien bekannt.

Rainer W. During

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