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Berlin: Spandau will bei Pflegekosten für Alte und Behinderte sparen

Sozialstadtrat lässt Fall für Fall prüfen, wo Zuschüsse gestrichen werden können Patienten sollen aber möglichst nicht in billigere Heime verlegt werden

Nach der Heimunterbringung von Jugendlichen will der Bezirk Spandau jetzt auch an der Pflege von alten und behinderten Menschen sparen. Fall für Fall wird untersucht, wo Zuschüsse gestrichen werden können. Befürchtungen, dass schwer pflegebedürftigen Patienten, die zu Hause betreut werden, jetzt eine amtliche Heimeinweisung droht, weist Sozialstadtrat Axel Hedergott (SPD) als „bösartige Schlussfolgerungen“ zurück. „Niemand kann gegen seinen Willen in ein Heim eingewiesen werden“, sagt auch der Landesbeauftragte für Behinderte, Martin Marquard. Das Gesetz stelle ambulante ganz klar vor stationäre Pflege. Nur bei „unverhältnismäßig hohen Mehrkosten“ sei die Überweisung ins Heim möglich – aber nur, wenn sie zumutbar ist. „Zu dieser Zumutbarkeit gehört für mich auch die persönliche Zustimmung“.

Die Aufregung hatte das Bekanntwerden des „Zeit- und Maßnahmenplans zum Abbau der Sekundärdefizite des Bezirkes Spandau“ ausgelöst. Ein solches Papier haben Finanzsenator und Abgeordnetenhaus auch von den drei anderen, hoch verschuldeten Bezirken Mitte, Pankow und Marzahn-Hellersdorf gefordert. In Spandau beläuft sich das überwiegend im Sozial- und Jugendbereich angehäufte Soll auf 13,7 Millionen Euro. 5,6 Millionen beträgt allein das Defizit aus entgeltfinanzierten Eingliederungshilfen für Behinderte von 2002. In den Folgejahren dagegen hat der Finanzsenator die jeweiligen Mehrausgaben ausgeglichen.

So wie das Jugendamt will jetzt auch das Sozialamt feststellen, „wo Leistungen nicht mehr nötig sind oder in anderer Form erbracht werden können“, so der Stadtrat. Betroffen sind nicht nur die 200 besonders kostenintensiven Fälle von Heimpflege, deren Aufwand laut Hedergott allein „in die Hunderttausende“ geht. Kontrolliert wird auch, ob nicht bei manchen Patienten zwischenzeitlich eine physische Besserung eingetreten ist.

„Wir wollen, dass bedarfsgerecht gepflegt wird“, betont Hedergott. Wo etwa Angehörige die Pflege zu Hause nicht mehr leisten können, sollen „vernünftige Angebote“ für eine stationäre Unterbringung gemacht werden. Kein Heimpatient müsse befürchten, in ein billigeres Quartier verlegt zu werden, wenn dem humanitäre Gründe wie die Gewöhnung an eine vertraute Umgebung entgegen stehen. Bei Neuaufnahmen sei aber die Ablehnung der Kostenübernahme für bestimmte, teure Heime denkbar.

Das bis zum Jahresende erwartete Ergebnis der Prüfungen ist völlig offen, sagt Hedergott. Beim Jugendamt hatte sich – wie berichtet – gezeigt, dass 50 Prozent der 400 Heimunterbringungen notwendig sind. Die Zahl der Kinderschutzfälle war damit weitaus höher als erwartet und das Einsparungspotential somit gering. „Wenn am Ende herauskommt, dass die Kosten nicht zu steuern sind, muss ich das dem Finanzsenator mitteilen“, so der Stadtrat.

Rainer W. During

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