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Berlin: SPD-Chef will Werteunterricht in der Grundschule Neues Pflichtfach ab Klasse 7 sei nur der Einstieg.

Parteitag diskutiert auch über Gemeinschaftsschule

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der verpflichtende Werteunterricht, auf den sich SPD und PDS weitgehend geeinigt haben, soll „möglichst schnell“ auch auf die Grundschule ausgedehnt werden. Dafür hat sich der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller im Gespräch mit dem Tagesspiegel ausgesprochen. „Wir wollen das neue Fach im Schuljahr 2006/07 ab Klasse 7 einführen, aber das kann nur der Einstieg sein.“ Müller begründete das vor allem damit, „dass wir die Islamische Föderation aus den Schulen raushalten wollen“. Mit einem staatlichen Werteunterricht erst ab Klasse 7 „können wir uns nicht beruhigen“.

Allerdings gäbe es dann ein Finanzierungsproblem. Denn in der Grundschule kann der Werteunterricht nicht in die bestehende Stundentafel eingebaut werden. Der SPD-Chef geht aber davon aus, dass sich ein Teil der Schüler mittelfristig aus dem Religionsunterricht herausziehen werde, sobald es den Werteunterricht gibt. Dann müssten weniger Zuschüsse an die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gezahlt werden. Dieses Geld könnte den unteren Klassenstufen zugute kommen.

Auf dem SPD-Bildungsparteitag am 9. April rechnet der Landesvorsitzende damit, dass 80 Prozent der Delegierten einem „werteorientierenden“ Schulfach zustimmen, das für alle verpflichtend ist. Die Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften dürfen in den Schulen dann nur einen zusätzlichen, freiwilligen Unterricht anbieten. Müller nahm den Bildungssenator Klaus Böger in Schutz, der sich mit seinem Vorschlag eines Wahlpflichtfachs nicht durchsetzen konnte. „Böger hat mit seinen hartnäckigen Bemühungen viel Bewegung in die Sache gebracht; das ist ein Erfolg.“

Die PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat gestern ihr eigenes Konzept für ein Unterrichtsfach „interkulturelle Bildung“ beschlossen, das 2006 schrittweise ab Klasse 7 eingeführt werden soll: Ein bis zwei Stunden pro Woche, die aus dem bestehenden Unterrichtskontingent abgezweigt werden. Dies sei auch für die SPD ein gangbarer Weg, versicherte Müller. Aber der neue Werteunterricht werde ganz bestimmt nicht „interkulturelle Bildung“ heißen.

Ein anderes Schulthema wird den SPD-Parteitag wahrscheinlich noch heftiger bewegen. Es geht um die Einführung einer Gemeinschaftsschule in Berlin über die ersten sechs Jahre hinaus. Im Leitantrag des Landesvorstands wird zwar nur allgemein gefordert, dass die Schüler „auch nach der Grundschule möglichst lange gemeinsam und ganztägig lernen“. Doch es liegen Änderungsanträge vor, die eine „achtjährige gemeinsame Schulzeit“ oder sogar eine Gemeinschaftsschule „bis zum Ende Mittelstufe“ anstreben. Also bis einschließlich Klasse 10. Nach Einschätzung Müllers macht das nur Sinn, wenn die „personellen und inhaltlichen Rahmenbedingungen stimmen“. Von einer „typisch sozialdemokratischen Zwangsbeglückung“ der Berliner Eltern und Schüler halte er wenig.

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