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Fraktionschef Raed Saleh betonte, dass jetzt die Sacharbeit beginnt.

© dapd

SPD-Klausur: Müde Genossen sparen sich die Debatte

Bei der ersten Klausurtagung der SPD-Fraktion unter ihrem neuen Chef Raed Saleh blieben wichtige Impulse aus.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es war lustig im Restaurant Borwin, wo sich die SPD-Fraktion am Samstagabend im Abgeordnetenhaus bei Steinbeißer und Bio-Lachs darüber hinwegtrösten konnte, dass ihre Jahresklausur in Rostock kaum mehr war als ein Wochenendtrip, um sich noch besser kennenzulernen. Immerhin ist ein Drittel der Abgeordneten neu dabei. Greifbare Ergebnisse, wichtige Initiativen brachte die Klausurtagung kaum, auch wenn der neue SPD-Fraktionschef Raed Saleh betonte, dass die Sacharbeit in der rot-schwarzen Koalition nun beginne.

Beschlossen wurde am Wochenende eine Resolution zur Wirtschaftspolitik, um zu signalisieren, dass dieses Thema bei den Sozialdemokraten in besseren Händen ist als bei der Union. Die SPD-Entschließung war aber weitgehend eine Zusammenfassung des Koalitionsvertrags in Sachen Wirtschaft. Verbunden mit der Einsetzung einer „Arbeitsgruppe Daseinsvorsorge“, um die Rekommunalisierung von Gas- und Stromnetzen, Wasserbetrieben, S-Bahn und Wohnungen zu prüfen. „Ergebnisoffen“, wie Saleh versichert.

Vorgeschlagen wurde bei der Klausur außerdem, die Vergabe öffentlicher Aufträge auf Unternehmen zu beschränken, die für gleiche Arbeit in Ost und West gleichen Lohn zahlen. Ob das rechtlich möglich und praktisch machbar ist, wollen die Genossen erst noch prüfen.

Diskutiert wurde darüber nicht. Es fehlten die leidenschaftlichen Debatten, die die Klausuren der SPD-Fraktion zum Jahresbeginn normalerweise auszeichnen. Eine Wahlnachlese von Rita Müller-Hilmer von Infratest und ein Vortrag der neuen Berlin-Partner-Chefin Melanie Bähr stießen auf wenig Resonanz. Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und seine Senatskollegen stellten ihr Arbeitsprogramm vor, ohne mit kritischen Nachfragen behelligt zu werden. Am Sonntag referierten die Arbeitskreise der Fraktion ihre Planungen, doch schon am Sonnabend beim feinen Essen im Borwin fürchteten sich viele Genossen vor der langweiligen Veranstaltung. Abgerundet wurde die Konferenz mit einer verregneten Hafenrundfahrt.

Die Klausur war das Debüt des neuen Fraktionschefs Saleh, der dennoch sehr zufrieden war mit seinem Erstlingswerk. Ein Mann, der noch viel vorhat, glaubt man den Genossen, die kolportierten, dass sich Saleh zu Höherem berufen fühle: Auch zum SPD-Landeschef oder sogar zum nächsten Spitzenkandidaten, sollte Wowereit 2016 des Regierens müde werden. Im Juni wählen die Sozialdemokraten eine neue Führung. Dann muss sich der Parteivorsitzende Müller wahrscheinlich erstmals seit 2004 mit einem Konkurrenten auseinandersetzen.

Die junge Linke in der Landes-SPD sucht Veränderung, auch bei der rechten Minderheit wollen viele Müller nicht als Nachfolger Wowereits im Roten Rathaus sehen. Gefragt nach den Alternativen blieben jene, die die SPD an der Spitze runderneuern möchten, die Antwort schuldig. „Ja, wir wissen, die personellen Ressourcen sind knapp“, hieß es. Und überall schimmerte der Respekt vor dem neuen, erstarkten Koalitionspartner CDU durch, sogar gelegentlich die Angst, dass sich die Sozialdemokraten im Lauf der Wahlperiode in Grabenkämpfen erschöpfen könnten. Um den Preis des Verlustes der Regierungsmacht in fünf Jahren.

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