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Die Aufnahmen der Überwachungskameras in den Anlagen der BVG sollen in Zukunft doppelt so lange gespeichert werden wie bisher.

© Thilo Rückeis

SPD und CDU einig: BVG speichert Videos bald 48 Stunden

Nach den zahlreichen Gewaltvorfällen an Berliner U-Bahnhöfen ziehen Politiker und Verkehrsunternehmen jetzt Konsequenzen: Überwachungsvideos sollen künftig 48 statt wie bisher 24 Stunden gespeichert werden.

Von Fatina Keilani

Videoaufnahmen können die Polizei schnell auf die Spur der Täter bringen. Das erhoffen sich die Ermittler auch von dem Video, das den jüngsten brutalen Überfall Donnerstagmorgen im U-Bahnhof Heidelberger Platz in Wilmersdorf zeigt. Dort schlug ein unbekannter Mann in Begleitung einer Frau einem 46-Jährigen ins Gesicht und raubte ihm das Handy. In diesem Fall wurde die Tat rasch angezeigt, die Aufnahmen kamen schon wenige Stunden später zur Polizei. Wären die Beamten jedoch erst mehr als 24 Stunden danach informiert worden, hätte die BVG das Video bereits gelöscht gehabt. Um einen solchen Verlust zu verhindern, sollen die Verkehrsbetriebe künftig ihre Videos nach dem Willen der neuen rot-schwarzen Koalition voraussichtlich 48 Stunden lang aufbewahren – statt wie bisher 24 Stunden.

„Wir haben uns intern in den Arbeitsgruppen schon darauf geeinigt“, bestätigte Cornelia Seibeld, Leiterin der AG Innen und Recht bei der CDU. Es sei davon auszugehen, dass das an diesem Freitag so beschlossen werde. Das nimmt auch die SPD an. Nach den vielen Gewaltvorfällen in Bahnhöfen, darunter dem spektakulären Fall des U-Bahnschlägers Torben P., hatte die SPD ihre Haltung geändert und sich ebenfalls dafür ausgesprochen, die Videos 48 Stunden zu speichern. Bloß war das mit dem alten Koalitionspartner, der Linken, nicht zu machen. Mit der CDU besteht nun Einigkeit. Ob man auch bei der Videoüberwachung kriminalitätsbelasteter Orte übereinstimmt, dazu wollte sich in den Kreisen der künftigen Koalition niemand äußern.

Straftaten können durch längere Speicherung der erhobenen Daten zwar nicht verhindert, wohl aber viel effektiver aufgeklärt werden. Immer wieder stellen sich Gewalttäter, die sich auf einem veröffentlichten Video erkannt haben, angesichts der Beweislage zügig bei der Polizei. Das schnelle Löschen der Bänder hingegen hat schon öfter die Aufklärung von Kriminalfällen ver- oder zumindest behindert. BVG-Sprecherin Petra Reetz erinnert sich an einen besonders schlimmen Fall. „Da wurde eine Schülerin vergewaltigt. Einen Tag brauchte es, bis sie die Tat anzeigte – da war das Videoband schon gelöscht.“ Wie aus einem Informationsschreiben der Innenverwaltung hervorgeht, hat es 2010 genau 64 Anfragen der Ermittler bei der BVG gegeben, die außerhalb der 24 Stunden lagen. Wären die Aufzeichnungen damals schon 48 Stunden aufbewahrt worden, so wären es nur 49 gewesen. In 15 Fällen ist also die Aufklärung durch die schnelle Löschung schwer bis unmöglich geworden.

Ganz unproblematisch ist die Verlängerung der Speicherfrist aber nicht. Lesen Sie weiter auf Seite 2.

Allerdings ist für die Ausweitung der Videoüberwachung eine Gesetzesänderung nötig. Nach dem Berliner Datenschutzgesetz ist nur eine Speicherung für 24 Stunden erlaubt. Das ist ein Unterschied zur S-Bahn. Sie unterliegt dem Bundesrecht. Das Bundesdatenschutzgesetz ist wesentlich weniger starr: Es erlaubt eine Speicherung so lange wie „erforderlich“. Die S-Bahn speichert Videos derzeit 48 Stunden; das Gesetz gäbe ihr auch die Möglichkeit für mehr.

Beim Berliner Datenschutzbeauftragten ist man aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes erwartungsgemäß weiterhin gegen eine Ausweitung der Aufzeichnung. Man halte 24 Stunden für ausreichend, heißt es. Die Polizei wollte die Pläne nicht kommentieren. Die BVG würde die Verlängerung der Speicherfrist begrüßen. „48 Stunden sind eine faire Sache, und die gesellschaftliche Akzeptanz dafür ist da“, sagt BVG-Sprecherin Reetz. Das werde der Polizei helfen, auch wenn die Videoüberwachung dazu ursprünglich nicht gedacht sei. Sie diene eigentlich der Sicherung des Verkehrs.

Die derzeitige Videoaufzeichnung in der BVG-Sicherheitszentrale ist keine Liveüberwachung; ein Zufallsgenerator schalte vielmehr immer von Kamera zu Kamera, so dass die Überwacher bloß punktuell in die U-Bahnhöfe schauen. Die einzelnen Kameras vor Ort filmen allerdings ununterbrochen. Im Rahmen eines Pilotprojekts wollen BVG und Polizei nun gemeinsam erproben, ob eine dauerhafte Liveüberwachung etwas bringt. Für den Test wird der U-Bahnhof Kottbusser Tor derzeit technisch ausgerüstet.

Wer bei der BVG randaliert, der bekommt Hausverbot. „Aber wie wollen Sie es kontrollieren?“, fragt Reetz rhetorisch. Pro Jahr werden rund 400 schriftliche „Betretungsverbote“ erteilt. Wer für die Fahrt zur Schule oder zur Arbeit auf Busse und Bahnen angewiesen ist, darf trotz Hausverbots einsteigen.

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