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Berlin: Speer vor dem nächsten Rücktritt

Fußball und Filz in Babelsberg: Der Nachfolger des Ex-Ministers steht schon bereit

Potsdam - Es sind entscheidende Stunden, die anstehen in der Potsdamer Affäre um den Fußballklub SV Babelsberg 03: Auf einer Aufsichtsratssitzung am heutigen Montag soll Präsident Rainer Speer (SPD), Brandenburgs Ex-Innenminister, abgewählt werden. Als Nachfolger Speers steht der Potsdamer Kulturunternehmer Thomas Bastian bereit. Der 51-Jährige, der das Programm-Kino Thalia in Babelsberg betreibt, bestätigte am Sonntag seine Kandidatur. Er saß bisher im Aufsichtsrat des Drittligisten, gehört aber dem Vernehmen nach nicht zum „Klüngel“ um Speer und seine Freunde.

„Mit diesem Wechsel soll ein erstes positives Signal für einen Neubeginn beim SV Babelsberg 03 gesetzt werden“, hieß es am Wochenende in einer offiziellen Mitteilung des Vereins. Bastian sagte: „Es ist so abgesprochen, dass Rainer Speer sich abwählen lässt, wenn sich eine Mehrheit für einen neuen Vorstandsvorsitzenden findet.“ Dies hätten die Aufsichtsratsmitglieder bereits telefonisch zugesagt.

Neben Speer sollen am Montag weitere Vorstandsmitglieder abgewählt werden. Ebenso soll SVB-Geschäftsführer Ralf Hechel sein Amt verlieren, hieß es. Bastian zufolge gehe es darum, künftig „Strukturen in den Verein zu bringen und auch einen tauglichen Geschäftsführer zu finden“. SVB-Trainer Dietmar Demuth habe signalisiert, dass er dem Vorstand zur Verfügung stehe, sollte der Verein die Dritte Liga halten können.

Der Drittligist, dessen Zwangsabstieg droht, steht derzeit vor der Zahlungsunfähigkeit. Zudem sind einige Vorstandsmitglieder in Affären verwickelt – etwa in den Dumping-Verkauf der Krampnitz-Kaserne, den sich auch die Staatsanwaltschaft und ein Untersuchungsausschuss im Landtag genauer anschauen. Dazu gibt es Stasi-Vorwürfe – und Überschneidungen zur Spitzel-Affäre um den zurückgetretenen Potsdamer Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen, der bis dahin auch Aufsichtsratschef beim SVB war. Der hatte – angeblich – auf eigene Faust dem Klub Bürgschaften gewährt.

Aktuell fehlen Babelsberg für die Erfüllung der Lizenzvorgaben für den Spielbetrieb in der Dritten Liga nach eigenen Angaben 1,3 Millionen Euro. Begründet wird die Etatlücke mit dem Rückzug von Sponsoren wegen der aktuellen Affären. Speer sagte dazu dem Fernsehsender RBB, bei den Vorwürfen von „Filz“ und „Stasi-Seilschaften“ würden „Dinge zusammengerührt“, um „einen Eindruck zu schüren“ – und dieser Eindruck führe dazu, „dass sich Leute zurückziehen“.

Um die Insolvenz des populären Kiezklubs abzuwenden, wollen die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung dem SV Babelsberg einmalig 700 000 Euro zur Verfügung stellen; die CDU ist als Einzige dagegen. Daran geknüpft ist die Forderung nach mehr Transparenz der künftigen Entscheidungen. Das Stadtparlament will darüber am Mittwoch entscheiden. Es ist der Tag, an dem der Verein den aktuellen Lizenzantrag zum DFB schicken muss.

Bastian kündigte an, das von der Stadt geforderte Transparenz-Gebot in der zukünftigen Vorstandsarbeit umzusetzen. „Das ist genau der Weg, den wir auch wollen“, sagte der designierte Vorstandsvorsitzende. Der Aufsichtsrat sei über die sich anbahnende Krise nicht informiert worden, sagte er weiter. Erst vor einer Woche hatte Noch-Präsident Speer die dramatische Lage offenbart. Bastian wies darauf hin, dass die Not-Hilfe der Stadt allein nicht reiche. Rein finanziell drohe ein Abstieg zwei Klassen tiefer, das Geld reiche nicht für ein konkurrenzfähiges Profiteam in der Regionalliga, sondern allenfalls für die Oberliga.

Am Dienstag ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung geplant. Aufgebrachte Fans halten seit Tagen die Geschäftsstelle des Vereins besetzt. Am Sonnabend hatten rund 1000 Fußballfans und Mitglieder von Potsdamer Sportvereinen für die Rettung des Vereins demonstriert. Sie forderten dabei auch einen Neubeginn „frei von Filz, Korruption, korrupten Politikern und Stasi-Affären“. Neben einem eigenen Spendenkonto, auf dem inzwischen schon mehr als 25 000 Euro eingegangen sind, haben die Fans ein Bürgschaftskonto eingerichtet, das zur Erfüllung der Lizenzvorgaben für den Erhalt in der Dritten Liga zur Verfügung stehen soll.

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