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Spendenaktion: Heimat und Hoffnung

Bei "Prowo" finden psychisch kranke Mütter mit Kindern ein Zuhause. Der Verein braucht dringend Geld.

So groß war die Resonanz noch nie: Fast 270 Vereine und Initiativen haben sich beim Tagesspiegel für die Spendenaktion „Menschen helfen!“ beworben. Wir können 56 berücksichtigen – und stellen bis Weihnachten einige ausgewählte Projekte stellvertretend vor. Heute: das Prowo- Wohnprojekt für psychisch kranke Mütter.

Frieda W. hat einiges hinter sich. Schon als Jugendliche durchlebte sie Tiefen, schaltete den Kopf mit Haschisch und anderen Drogen aus, verschanzte sich später in ihrer Wohnung, litt unter Psychosen. „Wenn ich laute Schritte im Treppenhaus hörte, machte mir das Angst“, sagt die heute 38-Jährige, „mir fehlte einfach ein Halt im Leben.“ Eines Tages riss sie sich mitten in der Altstadt Spandau die Kleider vom Körper. Sie kam in eine Nervenklinik. Mit ihrem ersten Sohn zog sie schon einmal in das Prowo-Wohnprojekt nach Kreuzberg. Und jetzt wohnt sie mit Töchterchen Leonore hier, die ist neun Monate alt und sitzt strahlend auf dem Schoß ihrer Mutter. Frieda W. kann heute selbstbewusst von der eigenen Lebensgeschichte erzählen. Ihr hat das Wohnprojekt für psychisch kranke Mütter mit ihren Kindern schon sehr geholfen. Der Verein hofft jetzt auf Spenden der Tagesspiegel-Leser, denn er will Bewohnerinnen und Kindern ein schöneres Leben ermöglichen.

Die Einrichtung in Kreuzberg wirkt gemütlich und liebevoll geführt, doch die Verhältnisse sind sehr beengt. Die Mütter sitzen mit ihren Babys und Kleinkindern am Tisch, der Steckrüben-Kürbiskern-Auflauf und der Sahnekuchen sind selbst gemacht. Für Mutter und Kind gibt es jeweils nur ein gemeinsames Zimmer, das „Wohnzimmer“ für alle ist im Flur mit einer Couchecke und dem Fernseher improvisiert, auch Kinderwagen sind hier geparkt. Ein allgemeines Kinderspielzimmer mit Hängematte gibt es ebenfalls.

„Das war hier anfangs schon krass für mich, wenn man sich selbst nach Rückzugsmöglichkeiten sehnt und als Mutter überfordert ist“, sagt die 32-jährige Rebecca T., die mit ihrer vierjährigen Tochter Miriam nach Aufenthalten in Kriseneinrichtungen im Prowo-Wohnprojekt lebt. Doch wie viele Frauen hat sie festgestellt, dass es sie „in die Realität zurückholt, mit anderen zusammenzuleben“.

In den Therapien und verschiedenen Gruppenangeboten – dafür muss dann manchmal auch die Küche genutzt werden – hat sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt. „Ich habe einen sehr dominanten Vater, der mich ziemlich unterdrückt hat“, sagt Rebecca T., „und meine Mutter als Alkoholikerin gab wiederum in allem nach.“ Auch sie flüchtete sich lange Zeit ins Kiffen. „Meine Tochter musste zum Teil zum Kindernotdienst und zu einer Pflegefamilie.“

Jetzt aber regelt Rebecca T. den Disput um den Mittagsschlaf mit der aufgeweckten Vierjährigen wie jede andere das Kind in seiner Selbstständigkeit fördernde Mutter auch. In Deutschland werden rund 1,5 Millionen Kinder bei psychisch schwer erkrankten, etwa am Borderline-Syndrom leidenden Eltern, groß. Diese könnten nicht so für ihre Kinder sorgen, wie sie es eigentlich wollten, sagt Diplompsychologin und Projektleiterin Sigrid Buck-Horstkotte. Sie betreut mit neun Kolleginnen, überwiegend Teilzeitkräfte, derzeit elf Mütter mit Kindern in kleinen WGs und Einzelwohnungen. Das Mutter-Kind-Projekt wird von den Jugendämtern über Tagessätze finanziert, Frauen und Kinder können längstens zwei Jahre bleiben. Doch für vieles, das dringend benötigt wird, fehlt das Geld.

So kann der Verein jetzt zwar ein weiteres Zimmer unten im Erdgeschoss nutzen, doch der Steinfußboden ist kalt und der Raum völlig leer. Man wünscht sich Mobiliar und Kinderstühle, die auch mal etwas aushalten. Therapeutisches Spielzeug, Yogamatten und Musikinstrumente werden benötigt, eine Videokamera fürs Elterntraining und ein Umluftherd. „Eine Werkbank wäre super, mit Schraubzwinge“, sagte eine Frau. „Und Farben, eine Staffelei“, eine andere. Am tollsten wäre es, schildert Mitarbeiterin Sigrid Grebe einen Wunsch, „langfristig ein eigenes Haus zu finden, zur Miete, mit mehr Freiraum für alle“. Annette Kögel

Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse, Kontonr.: 25 00 30 942, BLZ: 100 500 00, Onlinebanking ist möglich. Bitte notieren Sie Namen und Anschrift, Spendenbelege schicken wir dieses Jahr schneller zu. Eine Korrektur: Der Klik-Kontaktladen für junge Menschen auf der Straße, den wir am Montag vorgestellt haben, ist nicht in der Turmstraße, sondern in der Torstraße 205 in Mitte.

Annette Kögel

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