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Spendenaktion: Kleine Leute, große Freunde

Ein Verein vermittelt Paten an Mädchen und Jungen ohne zweites Elternteil. Kinder finden eine Bezugsperson, für kinderlose Erwachsene erfüllt sich ein Traum.

„Du musst die Augen zumachen“, sagt Antoinette, Widerspruch wird nicht geduldet. „Gleich darfst du lesen.“ Sie greift sich Kugelschreiber und Block, in Druckbuchstaben schreibt sie die Namen ihrer Freundinnen hinein: Ina und Delal. „Ina wohnt gleich im Haus neben mir“, sagt sie. Delal kennt sie aus dem Kindergarten. Aber Ina mag sie doch noch lieber. Gut, dass die Besucherin ausgerechnet jetzt mit ihr sprechen will, wo Antoinette sich ein bisschen langweilt, weil sie sich ein paar Minuten Wartezeit vertreiben muss. Das Bienenwachs in der Silikonform ist noch nicht fest geworden. Erst dann kann Antoinette ihre Weihnachtsanhänger herausnehmen. Auf etwas warten, das findet sie öde. Vier Jahre ist sie alt, „aber pfiffig wie eine Sechsjährige“, sagt ihre Patin Claudia Reschcke. Antoinette spricht perfekt, kann fast alle Buchstaben schreiben – und weiß, was sie will.

An diesem Samstagvormittag ist sie mit Claudia Reschcke zum Adventsbasteln in die multikulturelle Naturwerkstatt nach Kreuzberg gekommen. Das Patenschaftsprogramm Biffy hat die 43-jährige Online-Redakteurin mit dem vierjährigen Wirbelwind zusammengebracht. Biffy heißt „Big friends for youngsters“, übersetzt also: „Große Freunde für junge Menschen“. Biffy vermittelt Erwachsene, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, an Familien, die Unterstützung für ihre Kinder brauchen können. „Die meisten Kinder kommen aus Familien mit nur einem Elternteil“, sagt Veit Hannemann, Vorsitzender des Vereins. „Vor allem alleinerziehende Mütter suchen oft nach einer männlichen Bezugsperson für ihre Kinder.“ 145 Paten-Paare treffen sich regelmäßig, unternehmen einmal pro Woche etwas miteinander. Dazu kommen vom Verein organisierte Extra-Angebote wie das Adventsbasteln, für das ein Sponsor die Kosten übernommen hat. „Unser Ziel sind langfristige Bindungen“, sagt Hannemann.

Mehrmals im Jahr lädt Biffy Interessierte zur „Teatime“ ein. Dabei können sich Eltern, Kinder und mögliche Paten vertraut machen. Zu einem solchen Treffen ist im Frühjahr auch Claudia Reschcke gegangen, nachdem sie einen Zeitungsbericht über den Verein gelesen hatte. „Bei dem Treffen schoss ein kleiner, schwarzer Blitz an mir vorbei, streckte mir die Zunge raus und sagte: Du bist doof!“, erzählt sie. Schon hatten sich zwei gefunden. Denn seither ist Claudia Reschcke Antoinettes Patin.

Die meisten Paten haben keine eigenen Kinder, würden sich aber trotzdem gern um Kinder kümmern. Pate Matthias ist solch ein Beispiel. „Ich bin einfach gerne mit Kindern zusammen, habe aber leider keine eigenen“, sagt er, während er das brodelnde Bienenwachs im Topf umrührt. Seit fünf Jahren engagiert sich der 54-Jährige bei Biffy. Caroline, 8, ist schon sein zweites Patenkind.

Wer Pate werden möchte, muss ein amtliches Führungszeugnis vorlegen und erst einmal einen Workshop absolvieren. „Ob eine Patenschaft zustande kommt, entscheidet die Mutter des Kindes“, sagt Hannemann. „Wir raten allen, auf ihre Intuition zu hören.“ Erwachsene, die den Kontakt zu Kindern suchen – das ist ein sensibles Thema. Um zu vermeiden, dass Pädosexuelle durch eine Patenschaft den Kontakt mit Kindern aufnehmen, arbeitet Biffy eng mit dem Jugendamt und der Beratungsstelle „Kind im Zentrum“ zusammen.

Biffy wurde im Jahr 2000 unter Leitung der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung gegründet. Als der Sponsor ausstieg, gründeten Paten und Eltern den Verein . Schnell wurde das Projekt immer größer, seit 2008 hat der Verein eine eigene Geschäftsstelle. Mit der Größe steigen die Kosten – deshalb hofft die Einrichtung auf Spenden. „Die Arbeit ist nicht mehr nur ehrenamtlich zu schaffen“, sagt Mitarbeiterin Ute Benzerari.

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