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Berlin: Spione feiern Richtfest

Ein Dutzend Kranausleger schwenken sich gefährlich ins Gehege. Nach dem harten Winter müssen die Bauarbeiter sechs Wochen Untätigkeit aufholen.

Ein Dutzend Kranausleger schwenken sich gefährlich ins Gehege. Nach dem harten Winter müssen die Bauarbeiter sechs Wochen Untätigkeit aufholen. Einer von ihnen, Schaltanlagenbauer, schleppt seinen roten Werkzeugkoffer auf die Großbaustelle des Bundesnachrichtendienstes und weiß nur Gutes zu berichten: „Alles ist sauber, es gibt sogar eine Kantine für Bauarbeiter. Mehr darf ich aber nicht sagen.“ Alle beteiligten Firmen wurden zum Schweigen verdonnert.

Am heutigen Donnerstag feiert die Bundesregierung mit 1600 Gästen, Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) und BND-Präsident Ernst Uhrlau Richtfest für das größte öffentliche Bauvorhaben seit der Wiedervereinigung. 36 Fußballfelder würden hineinpassen oder fünf Berliner Stadtschlösser. Der massige Gebäudekomplex an der Chauseestraße in Mitte wirkt im Rohbau wie eine furchteinflößende Trutzburg. Im Hauptgebäude türmen sich acht Geschosse zu einer 30 Meter hohen Betonfassade, die später mit mattglänzenden Aluminiumplatten verkleidet werden soll. 14 000 Fenster sind einzubauen, das Sockelgeschoss bleibt aus Sicherheitsgründen fensterlos. 4000 Mitarbeiter aus Pullach sollen hierhin umziehen und überwiegend herkömmliche Büros beziehen. Die technischen Dienste bleiben im Vorort von München.

Der Kostenrahmen von 730 Millionen Euro ist inzwischen gesprengt, um 60 Millionen Euro wird die Summe wachsen. Auch der Zeitplan ist Makulatur. „Wegen der hohen Komplexität des Baus und diverser Sicherheitsanforderungen“, so ein Sprecher des zuständigen Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR), können die Spione erst ein Jahr später als geplant, 2014, einziehen. Der Bau von Besucherzentrum und Spionageschule im Süden des zehn Hektar großen Areals hat noch nicht einmal begonnen. Der BND hat in der brachen Gegend um das ehemalige Stadion der Weltjugend für erheblichen Auftrieb gesorgt. Meermann-Immobilien baut oder saniert mehr als 240 Wohnungen und ein Viersternehotel, der Vertrieb laufe gut. Die TLG-Immobilien will unter dem Namen „Feuerlandhöfe“ einen großen Bürokomplex vis-à-vis des BND erstellen. Allerdings fehlt noch ein solventer Mieter. Nebenan ist ein Hotel mit Luxuswohnungen im Hinterhof bereits im Rohbau fertig.

„Vor vier Jahren stand hier noch alles leer“, sagt Christian Weiß vom Fantasy-Shop „Battlefield Berlin“ an der nördlichen Chausseestraße. Jetzt sei in dem neu gebauten Haus alles vermietet. „Die Leute warten alle auf den BND.“ Diverse Backshops und Cafés haben aufgemacht, teils mit kostenlosem W-Lan und italienischer Espressomaschine. Die Junkies, die früher am U-Bahnhof Schwartzkopfstraße ihren Stoff besorgten, sind weiter nach Norden in den Wedding gezogen.

Die Simulation des fertigen BND-Komplexes verheißt mediterrane Stimmung mit schlanken, hohen Bäumen und einem breiten Trottoir. Von Bäumen ist noch nichts zu sehen. Auch der neue „Grünzug Südpanke“, der als landschaftlicher Ausgleich hinter den Neubauten entstehen soll, wird frühestens 2012 fertig sein.

Die Gewerbetreibenden freuen sich zwar auf die zahlungskräftigen Geheimdienstler, trauern aber gleichzeitig um die Parkplätze, die es hier früher zuhauf gab. Auf der Anliegerseite des BND wird Parken nach dem Einzug der Spione aus Sicherheitsgründen verboten sein.

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