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Sonnenallee 34, Neukölln: Hier sind immer alle im Finale.

© Kai-Uwe Heinrich

Sportbar in Berlin-Neukölln: EM oder nicht - hier sind wir immer im Finale

Ausgeschieden, ausgelitten. Alles vorbei? Nein, wir sind trotzdem im Finale! Und zwar in der Sonnenallee. Ein Besuch.

Wir stehen im Finale. Nein, das ist keine Rückblende auf die WM 2014, keine Gehässigkeit der Franzosen, kein Finger in die Wunde. Wir stehen tatsächlich im Finale. Sonnenallee 34, Neukölln. Die Sportsbar hat 27 Fernseher, kein Zweikampf, keine Schiri-Fehlentscheidung ungesehen. Hier ist immer Finale.

Sonnenallee, Gewusel auf dem Bürgersteig. Direkt vor der Bar hält der M41, der Hermannplatz ist nur ein Stück die Straße runter. Gerade gab es eine Schlägerei in der Nähe, erzählt eine Frau. Sie steht in einer Menschentraube und wartet. Es wird ein großer Dönerladen eröffnet.

Die Lust der Deutschen am kollektiven Fußballgucken ist ungebrochen, Gejammer über die Fanmeile hin oder her. Wie vor zehn Jahren ist Deutschland wieder nicht im Endspiel, wie vor zehn Jahren im Halbfinale ausgeschieden (zumindest war es diesmal nicht Italien!). Wenn die deutschen Fußballer schon nicht ins Finale einziehen, ziehen die deutschen Fans eben ins Finale und schauen Portugal gegen Frankreich.

Basketball läuft gut, aber: "Für Alba kommt niemand, nur für die NBA"

Die Bar ist 24 Stunden geöffnet und zeigt alles, was der Sport so hergibt. Während der EM läuft hier rund um die Uhr Fußball und bei Fußball ist es immer voll, sagt Hasan. Er arbeitet erst seit wenigen Monaten hier, aber diese Wahrheit kennt er schon. Bei einem Spiel des FC Barcelona in der Champions League waren so viele Leute da, dass sie Menschen wegschicken mussten. „Dann haben die Leute durch die Fenster zugeschaut“, erzählt der 23-Jährige. Voll sei es auch bei den Formel-1-Rennen und beim Basketball. Alba? Hasan lacht. „Nein, für Alba kommt niemand, nur für die NBA.“

Während der EM liefen die Spiele von Deutschland, Spanien und Polen am besten. Da die deutsche Mannschaft sich das Endspiel auch am Fernseher anguckt, ist Hasan jetzt für Portugal. Er will es hier gucken, Hauptsache Finale.

Marlena interessiert sich nicht für Fußball, sie kümmert sich um das Bier für die Fans. Besonders gut läuft Berliner Pilsner, danach Warsteiner. Drei junge Männer kommen an den Tresen und bestellen bernsteinfarbenes Bier. Marlena reicht ihnen drei Humpen mit Flensburger, das drittbeliebteste Bier im Finale. Auch Weißwein trinken die Gäste viel, Chardonnay, sagt sie. „In der Halbzeit wollen außerdem viele Leute Pfeffi, ist gut für die Nerven.“ Die 26-Jährige kommt aus Polen, die Spiele ihrer Mannschaft hat sie sich angesehen. Nachdem Polen aber gegen Portugal ausgeschieden ist, gab es keinen Grund mehr für sie, sich für Fußball zu interessieren, sagt Marlena.

Wie lange es den Laden schon gibt, scheint niemand zu wissen. Der neue Chef hat vor drei Jahren übernommen. An der Wand neben der Bar hängt ein altes Foto im Sepia-Ton, das das Eckhaus zeigt und ein Geschäft, wo jetzt die Sportbar ist.

Finale ohne viele Leute - gibt's. In Mariendorf

Auch am heutigen Sonntag wird es voll werden in der Bar. Hasan denkt, dass viele Portugalfans kommen werden. Wenn ihnen auch nach dem Nerven-Pfeffi der Spielverlauf nicht gefällt und die Kegelbahn im Keller auch keine Ablenkung bringt, gibt es möglicherweise ein paar Meter die Straße runter eine Alternative zum „Finale“ – eine Bar namens „Magic“.

Finale ohne Menschenmassen auf den Gehwegen gibt’s in Mariendorf. Zwischen S-Bahnhof Buckower Chaussee und U-Bahnstation Alt-Mariendorf gibt es auch eine Sportbar namens Finale. Eher eine Adresse für Kenner und Nachbarn. Vielleicht schaut Jérôme Boateng, Nachbar der Nation, ja mal rein.

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