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Berlin: Sprachlose PDS,kleinlaute FDP

Wie Brandenburgs Opposition

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Es dauert lange, bis die PDS-Spitze ihre Sprache wiederfindet: Im Festzelt hinter der Landeszentrale herrscht nach der ersten Prognose lähmendes Entsetzen. Viele alte Genossen sind da. Manche halten sich die Hände vors Gesicht. Fast zehn Minuten lang herrscht Totenstille. Bis eine Frau in die Stille hinein ruft: „Wo gibt’s denn hier etwas zu essen?“ Der Potsdamer Oberbürgermeister-Kandidat Hans-Jürgen Scharfenberg erscheint, schüttelt Hände, sagt nur ein Wort: „Durchhalten!“ Selbst als der Sieg der Mecklenburger Genossen verkündet wird, der die Fortsetzung von Rot-Rot in Schwerin garantiert, will kein Jubel aufkommen. Eine für die Sozialisten ungewohnte Situation: Bisher war die Stimmung nach allen Wahlgängen ausgelassen, war man auf der Siegerseite. Magdeburg, Schwerin, Berlin. Und nun die Wende. Wahlkampfchef Heinz Vietze tritt später auf die Bühne, sagt, was gesagt werden muss: „Wir haben gewusst, dass es eine Zitterpartie werden wird. Aber dass es so schlecht ausgeht, hätten wir nicht gedacht.“ Nur Lothar Bisky, der Ex-Parteichef und Fraktionsvorsitzende, hat es kommen sehen und vor ein paar Tagen in dieser Zeitung schwere Defizite seiner Partei im Wahlkampf aufgelistet. Vergeblich. Er musste sogar Prügel einstecken. Ist er deshalb nicht auf der Party? Bisky sei, heißt es, zur „Entspannung“ in Berlin ins Kabarett gegangen.

Derweil muss Wahlkampfchef Vietze eingestehen, was Bisky schon vor Tagen konstatierte, nämlich dass die PDS Fehler gemacht habe. „Welche Konsequenzen das für uns haben wird, ist noch gar nicht absehbar“, sagt jemand. Und ein anderer orakelt: Jetzt geht in der Partei das Hauen und Stechen los, die Suche nach Sündenböcken." Und das lang ersehnte Ziel, Rot-Rot in Brandenburg, könne „man sich jetzt wohl abschminken.“ Dass Regierungschef Platzeck via ORB die sozialdemokratisch orientierten PDS-Mitglieder zum Übertritt in die SPD auffordert, ist für viele bitter. Landeschef Christoffers, der kürzlich über eine vereinigte Links-Partei philosophierte, versichert tapfer, die „PDS wird eigenständig bleiben“.

Im Holländischen Viertel, keine 200 Meter Luftlinie voneinander entfernt, feiern sowohl Brandenburgs Grüne wie auch die Liberalen. Die Grünen zog es in der Szene-Kneipe Mittelstraße 18, die Liberalen in den gutbürgerlichen „Fliegenden Holländer“. Aber vom Feiern kann man hier wie dort nicht sprechen: Nur ein Dutzend meist junger Grüne sitzt in einem Stübchen im ersten Stock vor dem Fernseher, obwohl unten auf der Straße ein Schild Passanten zum Mitfeiern einlädt. Trotz des Wahlsieges der Grünen ist keine freudige Stimmung zu spüren. Vom Landesvorstand ist niemand anwesend, Landeschef Roland Vogt feiert mit der grünen Prominenz in Berlin. Im „Fliegenden Holländer“ sind immerhin rund 50 Liberale versammelt. Präsidiums-Mitglied Rolf-Hermann Löhr bringt die Stimmung auf den Punkt: „Wir sind deprimiert.“ Ist die Brandenburger FDP verärgert über Möllemann? Löhr widerspricht: „Nicht über Möllemann, sondern über die, die für das zerstrittene Bild in den letzten Tagen verantwortlich sind.“

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