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Spreedreieck: Investor Müller-Spreer zog alle Register

Wie der Bauherr des Spreedreiecks den Senat unter Druck setzte, bis der ihm Millionen überwies.

Ein angreifbarer Vertrag zu einem Grundstücksgeschäft. Ein gewiefter Investor, der diesen Fehler ausnutzt. Und das Land Berlin, das verzweifelt um Schadensbegrenzung bemüht ist – das sind die Zutaten der Affäre um den als Spreedreieck bekannten Neubau an der Friedrichstraße. Wie es dazu kommen konnte, versuchen Abgeordnete in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu klären. Gestern traten zwei einst mit dem Fall befasste Staatssekretäre der Senatsverwaltung für Finanzen als Zeugen auf.

Zur Erinnerung: Das Land hatte im Jahr 2000 ein Grundstück an Investor Harm Müller-Spreer verkauft und diesem eine „lastenfreie Übergabe“ des Baulands zugesichert. „Übersehen“ wurde dabei, dass auf dem Areal ein S-Bahn-Zugang und ein Fußgängertunnel der Bahn liegen, über die Berlin gar nicht verfügen kann. Diese Lücke im Vertrag nutzte Harm Müller-Spreer aus, um Schadensersatz in Millionenhöhe zu fordern. Er zwang das Land zum Abschluss einer „Zusatzvereinbarung“, die Berlin nach Überzeugung des Rechnungshofes fast neun Millionen Euro gekostet hat.

Die Verantwortung dafür gibt die SPD dem bei Vertragsabschluss amtierenden CDU-Finanzsenator Peter Kurth und seinem Haus. CDU und Grüne sprechen dagegen von „kardinalen Fehlern“ bei den Verhandlungen über die Zusatzvereinbarung, als die SPD regierte. Und im Bericht des Rechnungshofes heißt es dazu: Es sei „nicht nachvollziehbar, warum das Land dem Investor im Ergebnis der Vertragsverhandlungen 5863 zusätzliche Quadratmeter zugestanden hat“.

Diesen Kompromiss handelte der damalige Staatssekretär Hubert Schulte aus: „Wir haben das Beste daraus gemacht für das Land“, sagte er gestern. Er sprach von einer „Weichenstellung“ aufgrund des Kaufvertrages, der „massive Forderungen“ des Investors nach sich zog. Für die Finanzverwaltung sei es um „Schadensbegrenzung“ gegangen.

Denn Harm Müller-Spreer habe alle Register gezogen: Wiederholt hätten seine Rechtsanwälte seine Forderung auf Schadensersatz nach oben korrigiert und eine Einigung mit der Bahn strikt abgelehnt. Am Ende war der Staatssekretär so verunsichert, dass er kurz vor Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung „nicht wusste, ob Müller-Spreer nicht doch noch abspringt“. Im Falle einer Rückabwicklung des Kaufvertrags, sagte Schulte, wären „30 Millionen Euro das reale Risiko“ für die Landeskassen gewesen, 15 Millionen Euro aber das „Minimum“, was Berlin Müller-Spreer bezahlt hätte.

Daraus spricht aber für die Opposition nur die Parteitreue des früheren SPD–Staatssekretärs: „Nach Einschätzung der vom Senat beauftragten Kanzlei und nach Aktenlage wurden Schadensersatzansprüche des Investors in zweistelliger Millionenhöhe ohne rechtliche Prüfung in der Senatsverwaltung der Finanzen faktisch anerkannt“, sagte Florian Graf (CDU). Jochen Esser (Grüne) sagte: „Das Ergebnis hätte für Berlin wahrscheinlich vorteilhafter ausgesehen, wenn der Senat schon vor den Verhandlungen einen Rechtsbeistand genommen hätte“.

Und Frank Bielka, SPD-Staatssekretär vor Schulte? Der bestritt die Vorwürfe: „Die Schadensersatzansprüche sind nicht anerkannt worden“. Er räumte aber ein, dass es eine „Notwendigkeit der Kompensation“ gegeben habe, weil das Grundstück wegen der Bahn-Tunnel „nicht geliefert werden konnte“. ball

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