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Spreepark-Wiederbelebung: Theaterspuk unterm Riesenrad

Seit 2001 rottet der Spreepark im Plänterwald vor sich hin. Solange kein Investor gefunden ist, wird dort Theater gespielt. Künstler aus aller Welt wollen jetzt wieder einen "Kulturpark" daraus machen - ganz ohne Karussells.

Seit elf Jahren wuchert der Spreepark im Plänterwald zu, jetzt nehmen sich Amerikaner des Parks an. Das Künstlerprojekt Kulturpark will Ideen sammeln, wie das Gelände wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, und wird dabei vor allem von US-Spendern unterstützt. „So etwas gibt es in den USA einfach nicht“, sagt Kuratorin Stephanie Sherman, die seit ihrem ersten Besuch im Park 2007 begeistert ist. Was mit vier US-Künstlern im Jahr 2009 begann, ist heute zu einer Gruppe von 25 internationalen Künstlern angewachsen. „Die Zeit der Achterbahnen ist hier vorbei und soll es auch bleiben“, sagt Sherman. Sie will „einen Park für alle, mit der heutigen Atmosphäre eines Dschungels“.

Wie das gehen könnte, soll während der nächsten Tagen in Workshops erarbeitet werden. Am Sonntag gibt es einen Think-tank aus Künstlern, Architekten und Landschaftsplanern. Das rostige Riesenrad als Gerüst für ein Spiegelkunstwerk, eine riesige Familiensandbox, Fahrräder, auf denen Besucher Strom für Licht- und Toninstallationen erzeugen – solche Ideen werden diskutiert. Ein zweiter Think-tank soll die Themen Verwaltung, Programm und Planung angehen. Grün Berlin, IHK, Bauverwaltung, Landschaftsarchitekten und Künstler werden sich an diesem Mittwoch in Köpenick treffen. Alle Ergebnisse sollen in einer Onlinepublikation zusammengefasst werden. Bezahlt wird das Künstlerkollektiv nicht. Die meisten Ausgaben werden durch Crowdfunding, durch Geldsammeln im Internet, finanziert.

Oliver Igel, Bezirksbürgermeister in Treptow-Köpenick und Schirmherr der Veranstaltung, erhofft sich durch das Projekt neue Anregungen: „Es ist ein frischer, unverstellter Blick auf ein Thema, das die Bürger aufwühlt.“ Er hofft, dass sich durch die Aufmerksamkeit, die die Künstler für den Park schaffen, „jemand in den Spreepark verliebt, der mit dem nötigen finanziellen Hintergrund ausgestattet ist“. 15 Millionen Euro Schulden müssten vor dem ersten Spatenstich beglichen werden. Den größten Teil davon soll die Deutsche Bank fordern.

Dass Projekte im Park nicht einfach zu realisieren sind, haben auch die Kulturpark-Organisatoren erlebt. Die Veranstaltung ist nur eine Light-Version ohne Publikumstage. Umgesetzt werden nur Workshops unter Ausschluss der Öffentlichkeit. „Das wirtschaftliche Konzept war zu undurchsichtig“, sagt Gerd Emge, der den Park mit seiner Sicherheitsfirma gratis bewacht und dafür das Areal vermarktet. So ist der Deal mit Pia Witte, der Chefin der insolventen Spreepark GmbH. Müllentsorgung und Toiletten kosteten Geld, die Bezahlung sei nicht sichergestellt gewesen.

Künstler, Konzerte, Theater, Dreharbeiten, ob für den Hollywoodfilm „Hanna“ oder den Berliner Vampirfilm „Wir sind die Nacht“ – Veranstalter reißen sich um den Spreepark. Trotzdem hofft Emge, bald einen Großinvestor zu finden. Derzeit sei aber keiner in Sicht. Umso besser für Projekte wie „Spuk unterm Riesenrad“, das bald dorthin zurückkehrt, wo es vor 34 Jahren als Fernsehserie begann. Kulturmanagerin Eva-Maria Brück-Neufeld und Schauspielerin Anne Diedering mit dem Verein White Elephant Collective bringen die DDR-Kultserie als Theaterstück auf die Bühne – dort, wo die sieben Folgen 1978 gedreht wurden und ein Großteil der Handlung spielt. „Das ist genau der richtige spukige Ort, wo das rostige Riesenrad im Wind quietscht“, sagt Brück-Neufeld. Gespielt wird auf einer Freifläche vor dem Riesenrad, es gibt eine überdachte Tribüne für die dreiwöchige Spielzeit. Etwa 200 Besucher pro Vorstellung sollen ab 7. Juli die Abenteuer von Tammi und Keks erleben: Die Geschwister besuchen ihre Berliner Großeltern, die im Plänterwald eine Geisterbahn betreiben. Versehentlich erwecken sie drei Holzfiguren zum Leben. Die Figuren fliehen, besorgen sich im einstigen Centrum Warenhaus am Alexanderplatz einen Staubsauger und fliegen darauf in den Harz. Und Tammi und Keks düsen hinterher. Per Crowdfunding sucht das Team noch nach Spendern.

„Mein Wunsch wäre es, den Park als Kultur- und Kunstfläche mit mehreren Bühnen zu öffnen“, sagt Emge. Soweit will Treptow-Köpenicks Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) noch nicht gehen. Er würde am liebsten das denkmalgeschützte Eierhäuschen an der Spree aus der Insolvenzmasse herauslösen, sanieren und darin Gastronomie betreiben. „Momentan vergammelt es nur.“

Ständig erreichen Emge Anfragen von Bands, Veranstaltern – oder einmal auch von einem Studenten, der für seine Diplomarbeit dort ein Musikvideo drehte. Marc Terenzi, eher durch seine kurze Ehe mit der Sängerin Sarah Connor bekannt als durch die eigene Gesangskarriere, will mit einem Ableger seiner „Horror Nights“ im August und September unters Riesenrad kommen. Die Show läuft bisher im Freizeitpark „Europapark Rust“ nahe Freiburg. Im Juli geben sich dann die ersten drei Paare das Ja-Wort im Park. Es soll auch wieder Open-air-Kino geben. Ende August könnte ein Liedermacher-Event stattfinden, Emge will ein Sommerfest mit Schaustellern veranstalten, mit Karussells und Schießbuden. Das wollen auch die Macherinnen von „Spuk unterm Riesenrad“. Während der Spielzeit soll es Zuckerwatte, Büchsenwerfen und „Hau den Lukas“ geben – ein bisschen Kirmes im Vergnügungspark.

„Spuk unterm Riesenrad“, 6. bis 29. Juli, Informationen auf www.spuk-unterm-riesenrad.de, Spenden unter www.startnext.de/spuk-unterm.-riesenrad. Am Wochenende und an Feiertagen ist der Eingangsbereich mit Imbiss Café Mythos von 11 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt frei (Parkeisenbahn 2 Euro, Führungen 15 Euro). Infos zum Kulturpark auf www.kulturpark.org, zum Spreepark an sich auf www.berliner-spreepark.de

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