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Berlin: Sprengung: Nur wenige Sekunden, und die Platte liegt in Schutt und Asche

Heute um zehn Uhr ist es erstmals so weit: Ein in den früheren Ost-Bezirken stehender Plattenbau wird gesprengt. Um das leer stehende Bürogebäude in der Darßer Straße 156 in Pankow dem Erdboden gleichzumachen, mussten zunächst 3080 Sprenglöcher gebohrt werden - darin sind jeweils 40 Gramm Sprengladung des Typs Gelamon 22 deponiert.

Heute um zehn Uhr ist es erstmals so weit: Ein in den früheren Ost-Bezirken stehender Plattenbau wird gesprengt. Um das leer stehende Bürogebäude in der Darßer Straße 156 in Pankow dem Erdboden gleichzumachen, mussten zunächst 3080 Sprenglöcher gebohrt werden - darin sind jeweils 40 Gramm Sprengladung des Typs Gelamon 22 deponiert. Aus Sicherheitsgründen wird unterirdisch mit einer elektrischen Zeitzündug gesprengt, für die umliegenden Anwohner besteht aber keine Gefahr. Zwei Sprengunternehmen mit insgesamt fünf Meistern und drei Helfern haben das seit längerem leer stehende Gebäude knapp drei Wochen lang vorbereitet. Auch in der Nacht zu heute wird das Gebäude noch einmal bewacht, bevor heute um zehn Uhr die Zündung erfolgt.

Die neunstöckige, 54 Meter lange und zwölf Meter breite "Platte" wurde in den achtziger Jahren gebaut. Zu DDR-Zeiten diente es als Verwaltungsgebäude für das nahe gelegene Heizwerk. Nach der Wende zog das Maschinenbau-Unternehmen Niles dort ein, doch seit Januar dieses Jahres steht der Plattenbau gänzlich leer. Wie der Geschäftsführer des Eigentümers, der Gewerbebauhütte Weißensee GmbH, berichtete, soll nach der Sprengung wieder neu gebaut werden. In dem neu entstehenden so genannten Gewerbegebiet Darßer Bogen wird sich vermutlich eine Biotechnologie-Firma niederlassen. Doch zuvor muss zunächst einmal die bauliche DDR-Hinterlassenschaft weichen. Dabei geht es lautstark zu: "Ein langer Ton = Gefahrenzone ist zu räumen" steht in dem Informationsblatt der Sprengfirma Gießler. Bei zwei Tönen erfolgt die Sprengung, drei kurze Töne verkünden das Ende des Vorhabens. "Das wird nicht lange dauern", sagt Sprengmeister Wolfgang Gießler, der gemeinsam mit dem Partnerunternehmen Bühring arbeitet. Ob besonders viel Staub aufwirbelt wird? "Nein, das ist ja kein Mauerwerk, sondern Beton." Auch die Anwohner brauchen nichts zu befürchten. Natürlich darf das Gelände nicht betreten werden, die Gefahrenzone beträgt etwa 150 Meter. Doch keines der in der Umgebung befindlichen Eigenheime und auch keine der Lauben muss evakuiert werden. Im Gegenteil: Der "deutsche Spreng-Verband e.V." lädt sogar Experten sowie Schaulustige zu dem einzigartigen Spektakel - ein Partyzelt ist aufgebaut.

Zu Zeiten der DDR galten die Bauten, die innerhalb des damaligen Wohnungsbauprogramms errichtet wurden, als hochmodern und verfügten im Gegensatz zu Altbauten über fließend warmes Wasser, gekachelte Bäder und waren gut in Schuss - damals Luxus für jeden DDR-Bürger. Doch mit dem Ende des Sozialismus erledigte sich auch der anfängliche Kult der Plattenbauten. In ganz Ostdeutschland werden etwa eine Million Wohnungen nicht genutzt, weil viele Menschen auf der Suche nach Arbeit in die alten Bundesländer abwandern. Das Sprengunternehmen hat bereits Anfragen weiterer Plattenbau-Inhaber, etwa aus Marzahn-Hellersdorf, erhalten.

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