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Berlin: Spuren einer Leidenschaft

Werner Kourist schuf die größte zoohistorische Sammlung. Im Ephraim-Palais wird sie jetzt gezeigt

Der Vater sammelte Zigarrenkisten und Briefmarken. Sein Sohn erbte die Sammelleidenschaft, aber für etwas ganz anderes: Tierbilder sollten es sein. Die Familie wohnte in der Nähe des Tierparks Hagenbeck, das wirkte sich aus. Im Krieg buddelte der Jugendliche unter den Trümmern des Tierparks einen Stapel Zooführer mit Bildern aus. So begann, was einmal die größte zoohistorische Sammlung Europas, vielleicht sogar der Welt, werden sollte. Die Spuren dieser Leidenschaft sind ab morgen in der Ausstellung „Affentheater und andere Viechereien“ im Ephraim-Palais zu sehen.

Werner Kourist, gebürtiger Hamburger, ist am Montag mit seiner Frau Inge angereist, um die Ausstellung vorzustellen. Die Stiftung Stadtmuseum Berlin hat seine Sammlung mit rund 24 000 Zoo- und Tierfotos, Büchern, Dokumenten und Bildern erworben, zeigt aber nur einen Teil davon – und steuert selbst Stücke aus der eigenen naturwissenschaftlichen Sammlung bei.

Kourist, fast 80 Jahre alt, hat sich schweren Herzens von seinem Lebenssammelwerk getrennt. „Ganz spontan“, sagt er, wenn schon, dann sollte alles weg, Reste wollte er nicht mehr behalten. In der Dreizimmerwohnung in Linz am Rhein wurde es ohnehin immer enger. Ehefrau Inges Geduld war auch schon strapaziert. „Endlich ist mal Platz zu Hause“, sagt sie gestern, als ihr Mann gerade nicht hinhört. Seine Sammelleidenschaft hat sie notgedrungen akzeptiert. Ein Haustier wie Hund oder Katze wollte sie in ihrer Wohnung aber nie dulden. Die Tausende Bilder und Fotos an den Wänden und die vielen Dokumente langten ihr. Selbst unter dem Bett des Ehepaars lagerten bereits Stapel von Tier- und Zoo-Plakaten.

Werner Kourist war wissenschaftlicher Assistent des Zoos in Halle, kam 1958 in den Westen, arbeitete bis in die siebziger Jahre im Berliner Zoo. Seine immer größer werdende Sammlung speiste sich unter anderem aus Auktionen, das Geld hierfür war knapp. Brachte er stolz Neuerwerbungen nach Hause, „habe ich immer eins raufgekriegt“, sagt er leise, als seine Frau gerade nicht hinhört. Mit einem Funkeln in den Augen erzählt er, dass er nun auch Stadt- und Landschaftsfotos sammelt, dass er Gedichte und Aphorismen schreibt, die in Kürze als Buch erscheinen werden.

So leidenschaftlich wie er zeigt sich gestern auch Karin Rohn, die einstige Radioreporterin, deren Sendungen mit Tierparkdirektor Heinrich Dathe in beiden Teilen der Stadt gern gehört wurden. Karin Rohn, die im Begleitprogramm zur Ausstellung im Ephraim-Palais zu „Zeitzeugengesprächen“ kommen wird, stammt aus Böhmen, ihr rollendes „R“ war berühmt. Als sie 1954 beim (Ost-)Berliner Rundfunk anfing, hieß sie noch Marie Lenz, der Sender verpasste ihr vor Begeisterung über die rollende Aussprache kurzerhand einen neuen Namen. Karin Rohn, inzwischen 77 Jahre alt, berichtete nach der Wende auch aus dem Zoo. Die Sendungen mit ihr wurden 2003 eingestellt. Sie sagt, die Diskussion, ob Berlin einen Zoo oder Tierpark zu viel habe, müsse vorbei sein. „Beide sind von zu großer Bedeutung.“

Die Ausstellung „Affentheater“ informiert über Menagerien als Zoo-Vorläufern, erzählt auch von der Geschichte des Zoos und des Tierparks. Das Museum präsentiert nicht nur große Tierpräparate, auch kleine Modelle etwa von Flusspferd Knautschke oder Pandabärin Tjen-Tjen.

Ausstellung im Ephraim-Palais, Poststraße 16, 15. November bis 25. Februar 2007, dienstags, donnerstags bis sonntags von 10 - 18 Uhr, mittwochs von 12 - 20 Uhr. Eintritt 5 Euro (erm. 3 Euro). Die Gespräche mit Karin Rohn sind am 22.11. und 13. 12. jeweils um 18 Uhr möglich. Anmeldungen unter Tel. 24002-159, Eintritt frei.

Christian van Lessen

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