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St.Martin: Laterne an, Laterne aus

Martins-Umzüge aus Rücksicht lieber nicht feiern? Eine steile These aus NRW ist auch Thema in Berlin.

Von Fatina Keilani

Die Geschichte des heiligen Sankt Martin handelt vom Teilen. Da teilt ein Mann, der Privilegien hat, mit einem, der keine hat. Und obwohl die Linke für genau diese Art von Umverteilung Politik macht, passt es ihr nicht, dass in deutschen Kitas der Martinstag gefeiert wird. Jedenfalls wurde der Linken-Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Rüdiger Sagel, nun mit der Forderung zitiert, dass man aus Rücksicht gegenüber muslimischen und anderen nichtchristlichen Kindern statt Sankt Martin doch lieber „Sonne-Mond-und- Sterne-Feste“ feiern sollte. Am Tag danach fühlt sich Sagel missverstanden, doch da waren seine Worte schon Thema an vielen Frühstückstischen, auch in Berlin. „Das ist so absurd, dass mit dazu gar nichts einfällt“, sagt Cornelia Seibeld von der CDU, derzeit kirchenpolitische Sprecherin. Auch muslimischen Kindern gefalle die Martinsgeschichte in der Regel. Auch in Berlin hatte es vor gar nicht langer Zeit eine ähnliche Geschichte gegeben. Vor einigen Wochen waren Meldungen zu lesen, nach denen der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Weihnachten abschaffen wolle und auch den Muslimen ein „Ramadanfest“ verboten habe. „Erinnern Sie mich nicht daran“, stöhnt Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop, und auch Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (ebenfalls Grüne) winkt ab. „Bei uns darf ein Weihnachtsmarkt so heißen, und ein Ramadanfest auch“, sagt Herrmann. Da sei ein BVV-Beschluss falsch ausgelegt worden. Sankt Martin zu verbieten, halte sie auch für den falschen Weg. „Warum sollten christliche Kinder nicht auch das Zuckerfest feiern, und muslimische nicht Sankt Martin?“, fragt Herrmann. Wenn man denn die Trennung von Kirche und Staat diskutieren wolle, gern – aber da wären vielleicht die Kirchensteuer und die Zuwendungspraxis prioritär. Herrmann und Pop sind sich einig darin, dass in einer offenen Gesellschaft die Feste aller Religionen ihren Platz haben. „Toleranz hat ja gerade nicht Nivellierung zum Ziel“, sagt Pop. Der Türkische Bund sieht in Sankt Martin gar nicht so sehr einen christlichen Feiertag, eher eine schöne Tradition. „Muslime werden kein Problem damit haben“, sagt TBB-Sprecherin Ayse Demir. „Hier geht es um Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Ich glaube nicht, dass sich ein Muslim ausgeschlossen fühlt.“ Sie jedenfalls sei immer beim Martinsumzug mitgelaufen. Und auch Weihnachtsmärkte seien etwas Schönes und Ausdruck einer Tradition – schließlich feierten auch nichtreligiöse Deutsche Weihnachten. Linkspolitiker Sagel formulierte es gestern nun so: Er habe Sankt Martin gar nicht abschaffen wollen. „Kinder sollen auch weiter mit ihren Laternen bei Martins-Umzügen ihre Freude haben“, teilte er mit. Die Frage nach der Trennung von Kirche und Staat bleibe für ihn aber auf der Tagesordnung. Fatina Keilani

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