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Ender Cetin, Vorsitzender der Sehitlik-Moschee in Neukölln.

© Thilo Rückeis

Staatsvertrag mit dem Land Berlin: Hoffnung der jungen Muslime

Die islamischen Organisationen bereiten sich intern auf die Gespräche mit dem Senat vor.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es ist still geworden um den Vorschlag des SPD-Fraktionschefs Raed Saleh, dass der Senat mit den islamischen Gemeinden in Berlin einen Staatsvertrag abschließen solle. Aber im Hintergrund hat sich einiges getan. „Es wird nicht mehr so lange dauern, bis wir Gespräche aufnehmen können“, sagte der Vorsitzende der Sehitlik-Moschee, Ender Cetin, dem Tagesspiegel. Es habe schon mehrere „inner-islamische Gesprächsrunden“ gegeben mit dem Ziel, sich besser zu vernetzen und auf Verhandlungen mit dem Senat inhaltlich vorzubereiten. Im September werde der Dialog fortgesetzt.

Im Mittelpunkt dieser vorbereitenden Gespräche stehen Arbeitsgruppen des Berliner Islamforum, das 2005 gegründet wurde, um den „verbindlichen Austausch“ zwischen muslimischen Organisationen und dem Senat zu fördern. Es gibt beispielsweise AGs zum Religionsunterricht und der Gründung eines Islamischen Lehrstuhls zur Ausbildung von Theologen. Oder zum Bestattungswesen und zur Seelsorge. „Vor allem die jüngere Generation, die zunehmend in den Vorständen der Moscheegemeinden und Verbände vertreten ist, möchte sich als starker Partner des Landes Berlin repräsentieren und setzt große Hoffnungen in den Dialog mit der Berliner Regierung“, sagte Cetin. Ziel sei ein Staatsvertrag, langfristig auch die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts.

In Hamburg und Bremen gibt es seit 2013 solche Verträge, Niedersachsen und Baden-Württemberg sind ebenfalls mit den organisierten Muslimen im Gespräch. Trotz Vorbehalten in der Berliner CDU, aber auch in Teilen der SPD ist der Senat grundsätzlich bereit, einen Staatsvertrag zu verhandeln, aber es blieb bisher offen, wer die Ansprechpartner sein könnten. Denn in Berlin sind etwa 80 Moscheegemeinden aktiv, von denen nur die Hälfte in Verbänden organisiert ist. Außerdem gibt es mehrere Glaubensrichtungen und viele ethnische Zugehörigkeiten.

Cetin findet aber nicht, dass dies eine unüberwindbare Hürde ist. „90 Prozent der Berliner Moscheen sind in den bundesweit agierenden Dachverbänden organisiert“, sagte er. Beispielsweise die Islamische Föderation (IFB), das Islamische Kulturzentrum (VIKZ), die Türkisch-Islamische Union (Ditib) oder der Zentralrat der Muslime (ZMD). Eine selbstverständliche Voraussetzung für die Verhandlungen mit dem Senat, versichert Cetim, sei das Bekenntnis der beteiligten Organisationen zum Grundgesetz.

Die Prognose des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), dass die Gespräche bis zum Abschluss einer Vereinbarung drei oder vier Jahre dauern könnten, hält Cetin für realistisch. Die Senatskanzlei plant die Einrichtung eines Runden Tisches, der von einer unabhängigen Persönlichkeit moderiert werden soll. Im Gespräch ist die SPD-Politikerin und Gründerin der Europa-Universität Viadrina, Gesine Schwan. Offiziell wird dieser Job aber noch ausgeschrieben. Im Sommer 2016 ist mit Ergebnissen des Runden Tisches zu rechnen.

Wichtige Dinge sind in Berlin auch schon geregelt. Etwa der Umgang mit religiösen Feiertagen, der Religionsunterricht, die seelsorgerische Betreuung in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Haftanstalten, das Bestattungswesen oder die Einhaltung von Speisevorschriften in öffentlichen Einrichtungen. Auch der Bau von Moscheen ist juristisch, wenn auch nicht immer politisch unangefochten. Ein Staatsvertrag mit den Muslimen könnte alle Rechten und staatsbürgerlichen Pflichten der Muslime in Berlin zusammenfassen. „Es gibt noch Einiges zu tun“, sagte Cetin.

In Berlin gibt es bisher Staatsverträge mit der Evangelischen Kirche und der Jüdischen Gemeinde und eine Vereinbarung mit der Katholischen Kirche.

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