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Stadtentwicklung: Guggenheim wird zur Chefsache

Nach dem Rückzug der Guggenheim-Stiftung aus Kreuzberg schaltet sich Klaus Wowereit ein. Er will das Projekt unbedingt halten – irgendwo in der Stadt. In der linken Szene wird das Aus für das "BMW Guggenheim Lab" gefeiert.

Der Streit um das „BMW Guggenheim Lab“ ist über Kreuzberg hinaus zum Politikum geworden. Einen Tag nach dem Rückzug der Planer des Projekts vom geplanten Standort Kreuzberg aus Furcht vor der linken Anarcho-Szene hat sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit eingeschaltet. Er bedauerte in einer Erklärung, „dass es gegen einen geplanten Standort des BMW Guggenheim Lab in Kreuzberg Drohungen gegeben hat“. Das Projekt „verdient es, dass wir in Berlin für dessen Ansiedlung den roten Teppich ausrollen“.

In der Opposition hieß es, dass Wowereit sich jetzt bemühe, sei wohl vor allem auf die Äußerungen von Innensenator – und Bürgermeister – Frank Henkel zurückzuführen. Henkel hatte am Montag geschimpft, die Kreuzberger „Chaoten“ seien ein „Standortrisiko für Berlin“.

Im Gespräch ist nun ein anderer Standort für das Diskussionsforum, das im Mai eröffnet werden soll. In ersten Planungen war ohnehin vom Pfefferwerk in Prenzlauer Berg die Rede gewesen. Auf der Internetseite der Lab-Gegner wurde der Rückzug von der Brache an der Ecke Schlesische Straße/Cuvrystraße ausführlich gefeiert. Dass das „BMW-Gentrifizierungs-Lab“ in Kreuzberg abgesagt worden sei, sei „ super“, hieß es dort. Man sehe darin „einen guten Beginn für die Verhinderung der mittelfristig geplanten Luxus-Bebauung auf dem Spreeufer-Grundstück“. Womöglich gebe „die Niederlage von BMW sogar der etwas darnieder liegenden Bewegung ’MediaSpree versenken’ neuen Auftrieb“, schrieb ein Gegner des Diskussionsforums. Der Schwung dieses Erfolges solle jetzt genutzt werden, um die Proteste gegen „Daimler Benz, Anschutz und Coca Cola“ zu forcieren.

Ein Sprecher der BMW-Group kündigte am Dienstag an, dass das Unternehmen mit Guggenheim „eine einvernehmliche Entscheidung“ treffen wolle, ob und wie das Lab in Berlin geplant werde: „Ich gehe fest davon aus, dass eine Metropole wie Berlin eine Lösung findet und das Projekt nicht ganz scheitert.“ BMW, Guggenheim und die Berliner Verantwortlichen würden nun nach einer Alternative suchen. Die Guggenheim-Stiftung hatte, wie berichtet, den Rückzug aus Kreuzberg bestätigt, aber offen gelassen, ob ein neuer Standort in Berlin gesucht werde.

Hundeklo statt Ideenpool. Auf der Kreuzberger Brache Cuvrystraße, Ecke Schlesische Straße, sollte das „BMW Guggenheim Lab“ entstehen. Das Projekt wird jetzt wahrscheinlich in Prenzlauer Berg realisiert.
Hundeklo statt Ideenpool. Auf der Kreuzberger Brache Cuvrystraße, Ecke Schlesische Straße, sollte das „BMW Guggenheim Lab“ entstehen. Das Projekt wird jetzt wahrscheinlich in Prenzlauer Berg realisiert.

© dpa

Nach Angaben des Polizeipräsidiums ist für die Sicherheit einer privaten Ausstellung der Veranstalter zuständig, nicht die Polizei. „Wir können nicht eine Hauswand rund um die Uhr vor Sachbeschädigungen schützen“, hieß es. So sei selbst im Jüdischen Museum privater Wachdienst für die Kontrolle der Besucher zuständig. Dass dort Polizei präsent sei, liege daran, dass das Museum als potenzielles Anschlagsziel gilt.

Eine derartige Gefährdung gab es nach Einschätzung des Staatsschutzes für das Lab in Kreuzberg nicht. Das Landeskriminalamt hat dazu zwei Sicherheitsgespräche geführt, das letzte in der vergangenen Woche. Darin sei den Planern mitgeteilt worden, dass Sachbeschädigungen und Störungen zu erwarten seien, wenn es keinen Wachschutz gibt. Schon zu diesem Zeitpunkt hatten die Veranstalter einen Wachdienst zugesagt, hieß es bei der Polizei. Im Präsidium hieß es weiter, aus polizeilicher Sicht habe es keinen Grund gegeben, das Lab in Kreuzberg abzusagen. Der Bürgermeister des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz, hatte von der Absage am Montagmittag durch den Tagesspiegel erfahren und den Rückzug bedauert.

Bilder aus Kreuzberg

Für das BMW-Guggenheim-Lab ist gilt Prenzlauer Berg als chancenreichster Standort. „Ich wäre froh“, sagte Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) und  bot jegliche Unterstützung an. Doch nun wird die Zeit knapp. Ursprünglich war geplant, das zweistöckige Gebäude auf der Brache am Kreuzberger Spreeufer aufzubauen. Vom 24. Mai bis zum 29. Juli sollte die Mischung aus Ideenschmiede, Forschungslabor und Diskussionsforum geöffnet sein.

Den Gegnern des Vorhabens gilt das Projekt als Werbe-Veranstaltung von BMW, vor allem aber als Beitrag zur Aufwertung des Kiezes und damit zur Gentrifizierung. Die fußballfeldgroße Brache ist bei Leuten aus dem Kiez und aus der weiteren Umgebung als Ort zum Entspannen und Feiern beliebt. An diesem Mittwoch hatten indes die wenigsten von denen, die dort mittags am Ufer der Spree saßen, von der politischen Aufregung um das geplante Projekt gehört. Einzig ein schwarzgekleideter Mann sagte mit sichtlicher Genugtuung, die Planer hätten sich ja nun von diesem Ort zurückgezogen.

Der Widerstand gegen das, was viele in Kreuzberg als Verdrängung durch die Aufwertung der Kieze wahrnehmen, hat sich an verschiedenen Objekten festgemacht. In Zentrum des Interesses steht die Bebauung der Spree-Ufer – immerhin gehört die Brache zu den letzten Flächen, die freien Zugang zum Fluss ermöglichen. Das Carloft-Haus in der Reichenberger Straße ist immer wieder Ziel von Farbbeutel-Würfen geworfen – die graue Fassade des Gebäudes mit Eigentumswohnungen ist regelmäßig überstrichen worden und wirkt inzwischen fleckig.

Ein anderes Objekt linksautonomen Grolls war ein McDonald’s in der Wrangelstraße. Dessen Terrasse ist am Mittwoch voll, die rostrote Fassade sieht aus, als sei sie in jüngerer Vergangenheit verschont worden.

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