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Auf ein GLAS mit: Matthias Keidtel

Aus allen Ecken wabern Rauchschwaden. Und lösen sich im schummrigen Licht auf, in das die Times Bar im Hotel Savoy an der Fasanenstraße getaucht ist.

Aus allen Ecken wabern Rauchschwaden. Und lösen sich im schummrigen Licht auf, in das die Times Bar im Hotel Savoy an der Fasanenstraße getaucht ist. Der Qualm steigt aus den Mündern der Männer in den braunen Ledersesseln auf. Und von den Zigarren, die sie fast alle in der Hand halten. Nur der braune Stumpen des „modernen Mannes“ ganz hinten in der Ecke ist erloschen. Denn der redet gerade: „Der Mann ist in den letzten Jahrzehnten zurückgeblieben, die Frau hat sich weiterentwickelt. Nun kann er nicht mehr mit ihr mithalten“, sagt Matthias Keidtel. „Der moderne Mann“ – so nennt sich der 42-jährige Schriftsteller selbst. Und eigentlich auch alle anderen, die in die Times Bar kommen. Auch wenn die meisten wesentlich älter aussehen als er. „Die Probleme des modernen Mannes sind mein Thema.“ Nämlich in seinen Romanen „Ein Mann wie Holm“ und „Das Leben geht weiter“. Der dritte Teil der Trilogie über seinen tumben Helden Holm, der sich auf der Welt noch „einleben“ muss, erscheint im Februar.

Holm arbeitet in einem Zigarrenladen. Und auch Keidtel hat Zigarren verkauft, bevor er vom Schreiben leben konnte – in der „Casa del Habana“, die hinten in die Times Bar integriert ist. Sein Lieblingsplatz ist immer noch der Sessel direkt neben dem Eingang zum Tabakgeschäft. „Die Bar ist mein zweites Wohnzimmer“, sagt er und blickt sich fast liebevoll in dem mit rotbraunem Holz getäfelten Raum um. Die Charlottenburger Bar aus den Fünfzigern sei ein Refugium für den „modernen Mann“ – ein Gegenentwurf zu den hippen Bars in Mitte, die sind für Keidtel eine Art Feindbild. Er zündet sich seine erloschene Zigarre mit einem Streichholz wieder an, bläst Schwaden in die Gegend. Dann nimmt er einen Schluck von seinem Cappuccino. Sonst trinke er oft einen „schönen Riesling“, sagt er. Etwa, wenn er sich montags mit einem Freund trifft, einem Maler und darüber diskutiert, „ob man heute überhaupt noch glücklich sein darf“. Darüber schreibt Keidtel gerade.

Oft sitzt der Autor allein in der Bar und beobachtet die anderen Gäste: beispielsweise Aki Kaurismäki beim Wodkatrinken, Paul Auster und Roman Polanski beim Rauchen. „Und gestern war Joseph Vilsmaier hier. Es kommen wahnsinnig viele Künstler“, sagt er. Viele von ihnen sind auf signierten Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden zu sehen. „Ich will irgendwann auch hier hängen. Noch vor meinem Tod“, sagt Keidtel halb im Scherz. Vielleicht nach 100 000 verkauften Büchern – so habe ihn der Hoteldirektor vertröstet. „Davon bin ich aber noch weit entfernt.“ Daniela Martens

Times Bar im Savoy Hotel, Fasanenstraße 9-10, Charlottenburg , täglich 11-2 Uhr geöffnet, Telefon 311 03-0

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