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Stadtleben: Auf ein Word

Microsoft-Gründer Bill Gates hatte gestern einen Termin bei Klaus Wowereit. Heute trifft er Angela Merkel

Ausgerechnet über Tempelhof ist Bill Gates am Dienstagmittag eingeschwebt. Da könnte man sich jetzt vorstellen, wie der Multimilliardär aus dem Privatjetfenster auf den komatösen Koloss schaut und hinter dem Flughafenzaun am Tempelhofer Damm CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger begeistert winkt – nein, das führte zu weit. Lieber ein Blick auf die Fakten.

Bill Gates ist also zu Besuch, „ein US-amerikanischer Unternehmer und Programmierer“, wie die Online-Enzyklopädie Wikipedia formuliert. Der reichste Mann der Welt, wie ebenda behauptet, ist er nach neuesten Erkenntnissen der Fachpresse nicht mehr, seit ihn 2007 ein mexikanischer Telekom-Mogul überholte. Aber anders als Berlin ist Gates immer noch weit in den schwarzen Zahlen: Was seine 1,1 Milliarden Microsoft-Aktien anbelangt, mit gut 24 Milliarden Euro Wert – wobei es vorige Woche noch eine Milliarde mehr war. Der Microsoft-Gründer hat also rund halb so viel Geld wie nötig wäre, um Berlins Schuldenloch zu füllen.

Anlass der Reise ist das vom Software-Konzern zum zehnten Mal veranstaltete zweitägige „Government Leaders Forum Europe“ im Hotel Maritim. Knapp 500 Teilnehmer, laut Veranstalter vor allem hohe Verwaltungsmitarbeiter und große Microsoft-Kunden, diskutieren über die Zukunft von IT-Branche und elektronischer Verwaltung. Nach dem gestrigen Auftakt stand ein Termin mit dem Regierenden Bürgermeister im Roten Rathaus auf Gates’ Programm. Punkt 17 Uhr fuhr der Gast im unauffälligen Mercedes-Van vor, eilte an einer Handvoll Autogrammjäger (eine Frau, vier Männer) vorbei die Treppe hinauf und trug seinen für die blitzlichternden Fotografen ärgerlich kurzen Namen ins Gästebuch der Stadt ein. Wowereit schenkte Gates einen Porzellan-Knut samt Erklärung und ein Buch, aus dem sich beim Aufklappen das Brandenburger Tor entfaltete. Es sei eine Ehre, sagte Wowereit. Eine Freude, erwiderte Gates.

Während beide sich in den Nachbarraum begaben, blieb die Presse korkengleich in der Tür stecken – und wurde schließlich hinauskomplimentiert. Später ließ ein Senatssprecher wissen, das mehr als eine Viertelstunde währende Gespräch sei gut gewesen und habe sich um die Microsoft-Konferenz ebenso gedreht wie um Gates’ wohltätige Stiftung, Afrika und die US-Immobilienkrise. Beschlüsse seien nicht gefasst worden. Berlin bleibt also auf den Schulden sitzen.

Auf dem Abendprogramm standen ein Galadinner im Konzerthaus sowie die Frage nach dem Quartier. Herr Gates schlafe im Ritz Carlton, raunte einer, der es wissen müsste. Dort wurde die Buchung heftig dementiert, aber sie dürften ihn kaum weggeschickt haben. Vielleicht war ja sogar die Suite mit Blick aufs Sony-Center frei – laut Hotelbeschreibung 2200 Quadratfuß groß (also 44 Tiptop-Schritte vor und 50 seitwärts bei ca. Schuhgröße 45) und schon deswegen wie maßgeschneidert für einen betuchten Amerikaner. Die Ausstattungsliste liest sich eher unspektakulär; erwähnenswert ist neben dem ovalen Esstisch für zehn Personen am ehesten ein Teleskop.

Und sonst? Pergamonmuseum? Knut in Natur? „In diesem Fall hat Herr Gates keine Zeit für Sightseeing“, sagte ein Kenner. Aber: „Er war ja schon öfter in Berlin.“ Nach Ende der Konferenz, einem Gespräch mit der Kanzlerin sowie der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung „fliegt er wieder ab“. Aber bald kommen die Stones. Und Madonna. Bestimmt über Tempelhof.

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