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Kann auch Ukulele: Die Rampensau aus Emden.

© Promo/Peter Hönnemann

Auftritt der Woche: Otto kommt: Hollerehidi

Seit Otto lieben Deutsche Stand-up-Comedy Jetzt spielt der außerfriesische Scherzkeks im Admiralspalast.

Vor relativ langer Zeit genügte es, einfach mit kratzig aufgerautem Bass die Worte „Susi? Susi Sorglos?“ in die Runde zu werfen. Schon fingen alle an, zu glucksen und eigene Beiträge zu liefern, jodelten „Hollerehidi!“ und grölten „Theo, vier fahrn nach Lodz!“ Richtig aktuell ist das nicht mehr. Aber die Scherze von Otto Waalkes, kurz Otto, haben sich im deutschen Langzeitgedächtnis, Unterordner Humor, dennoch eingegraben wie jene von Heinz Erhardt und Loriot. Und immer, wenn er wieder mal auf Tournee ist, stöhnen die Leute erst: Kann der nicht mal langsam aufhören? Und geben dann nach einigen Sekunden zu: Immer noch sehr komisch, der Typ.

Als Otto Waalkes Mitte der Siebziger die großen Bühnen und das Fernsehen eroberte, war die Welle der Comedians noch fern. Leute wie er hießen „Komiker“ oder „Blödelbarden“, und man wusste erst nicht recht, ob man ihre grellen Kalauer doof finden oder als Befreiung vom Joch des politischen Kabaretts sozialdemokratischer Selbstgewissheit feiern sollte – das erledigte sich dann durch den umwerfenden Erfolg der manischen ostfriesischen Rampensau, die Otto auf den kleinen und immer größeren Bühnen der Republik gab.

Tempo, das bewies er, ist durch nichts zu ersetzen außer durch noch mehr Tempo, und so verwurstete er Ideen von Woody Allen und Heinz Erhardt mit geschredderten Volksliedern, Wortspielen, Parodie und viel Gezappel zu einer unwiderstehlichen Mixtur. Dass hinter den meisten seiner heutigen Klassiker die Witzgenies der Frankfurter GEK-Gruppe – Robert Gernhardt, Bernd Eilert, Pit Knorr – standen, drang erst später ins öffentliche Bewusstsein, und es erklärte, weshalb seine Späße in großen Mengen auch intellektuelle Kreise erreichten, in denen man heute die Stadionblindgänger von Mario Barth und Kollegen würgend zu ignorieren sucht.

Texte auf der Höhe der Witzzeit, das war ein Teil des Erfolgs. Manches, was heute eher harmlos wirkt, erregte sogar den Zorn des leibhaftigen Kanzlers Schmidt: „Schon gehört? Der Papst hat Selbstmord begangen! Kein Wunder, wenn man sich beruflich verbessern kann.“ Und die kleine Parodie eines Fernsehpfarrers, der den Satz „Theo, wir fahrn nach Lodz“ nach allen Regeln der Exegese-Kunst zerfleddert, hat im Grunde bis heute jedes „Wort zum Sonntag“ unmöglich gemacht. Allerdings bezeichnet sich Otto eher als harmoniesüchtig, überlässt den radikalen Humor im Zweifel anderen. Und es drängt ihn keinesfalls nach Selbstverwirklichung im ernsten Fach: „Leider“, sagt er, „verbirgt sich hinter der Maske des aufgedrehten Clowns nur ein notorischer Spaßmacher“.

Doch diese Art des Spaßmachens funktioniert nur auf der Basis hoher Präzision, setzt perfektionistisches Feilen und Ausprobieren und Verwerfen voraus, viel Wissen über das richtige Timing, Handwerk also, das in Deutschland vor Otto weitgehend unbekannt war. Kaum jemand wusste, was „Stand-up Comedy“ ist – er war der erste, der es uns über zwei Stunden vorführte. Später kamen Fernsehauftritte und schließlich die Otto-Filme, die die Fangemeinde dann doch wieder spalteten, weil vieles, was auf der Bühne grell und schnell explodierte, im Kino nur noch breit und bräsig wirkte. Und auch die kindischen Sieben-Zwerge-Filme der letzten Jahre, mit denen er wohl eine Brücke zur jungen Generation der Comedians bauen wollte, dürften an den meisten älteren Ottomanen vorbeigegangen sein – erfolgreich waren sie dennoch und haben ihm sicher viele neue Freunde im Grundschulalter gebracht.

Heute ist er 62, immer noch nicht erwachsen, aber immer noch im Gedankenaustausch mit Bernd Eilert: „Wir haben Basismaterial für viele Nummern, die wir weiterentwickeln und aktualisieren können“. So wird es auch im Admiralspalast geschehen. Hollerehidi!

Admiralspalast, 19. bis 22. und 25. bis 29.August, 21,40 bis 52,20 Euro

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